Aufruf zu Gedankenspielen

Mit ihrer Ausstellung in der Citykirche Mönchengladbach macht die Künstlergruppe Gala-isten Mut

Ausgrenzung, Streit und Abschied sind Themen, die die Künstler in ihren Werken verarbeitet haben. (c) Garnet Manecke
Ausgrenzung, Streit und Abschied sind Themen, die die Künstler in ihren Werken verarbeitet haben.
Datum:
21. Jan. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 03/2021 | Garnet Manecke

Wenn nicht gerade Lockdown ist, dann ist der Platz vor der Citykirche Mönchengladbach belebt. Auf dem Alten Markt gibt es zahlreiche Cafés, Restaurants und Geschäfte, zwei Mal in der Woche ist Wochenmarkt und abends öffnen die Kneipen in Mönchengladbachs Altstadt. Jetzt ist alles still. Aber die Ruhe täuscht: Jeden Tag ist Leben, zeigt die Künstlergruppe Gala-isten in ihrer Ausstellung in der Citykirche.

Die Welt ist auf links gezogen. Normalerweise, wenn man die Citykirche Mönchengladbach betritt, geht man aus einer lauten Welt heraus in eine leise. Draußen herrschen die Geräusche des Alltags: Lieferfahrzeuge für die Geschäfte, Busse, Menschen, die sich unterhalten. Drinnen dagegen ist es ruhig. Wer eintritt, sucht die Stille der kleinen Auszeit. Im Lockdown ist es umgekehrt. Wer jetzt in die Kirche geht, kommt aus der Ruhe in eine Welt, in der man sofort wahrnimmt, wenn sich zwei Menschen unterhalten. Das Leben geht weiter oder, wie die Künstlergruppe Gala-isten es ausdrückt: „Jeder Tag ist Leben.“ Auch dann, wenn es ganz anders läuft, als man gedacht hat.

Beate Buttler, Bert Krause, Monika Enders, Renate Ulber, Lilli Rieger-Grab und Martin Wirtz aus Viersen-Dülken sind die Gala-isten, die in ihren Bildern Werten wie Toleranz, Menschlichkeit, Integrität, Tradition, Gegenwart und Zukunft Ausdruck verleihen. Die Bilder gehen sanft mit den Betrachtern um, sie verschrecken nicht. Die Tänzerin an der Polestange, deren nackter Körper den begehrlichen Blicken von Männern ausgesetzt ist, oder das Bild der Prostituierten, neben der ein Mann in seinem Wagen anhält, sind handwerklich sehr ästhetisch gemacht. Damit setzt die Künstlerin Lilli Rieger-Grab einen Kontrast zum Elend vieler Frauen, die im Rotlichtmilieu arbeiten. Dass sich in den Glasscheiben der Bildrahmen der Innenraum einer Kirche widerspiegelt, verstärkt den Eindruck noch. Das Leben geht weiter – jeder Tag ist Leben: Mit ihm geht auch das Elend weiter. Unabhängig davon, dass man es nicht sofort sieht. Bis die Besucher der Ausstellung zu diesen Bildern kommen, haben die Künstler sie schon durch ein ganzes Spektrum von Gefühlen geführt.

Kommt man durch die Tür vom Edmund-Erlemann-Platz aus, empfängt einen Renate Ulbers Aufforderung zur „Einkehr“. Drei große blaue Vögel lenken den Blick ein wenig von der transzendenten Frauengestalt im Zentrum des Bildes ab. Die Gestalt wirkt wie ein Geist im Licht, ihr Kleid fällt über die Stufen, der Körper ist nur angedeutet. Von dieser Scheinwelt geht es direkt in den Alltag mit seinen Auseinandersetzungen, seinen Abschieden und zwischenmenschlichen Begegnungen.

 

Ein bunter Reigen der Möglichkeiten und die Frage: „Was wäre, wenn…?“

Betritt man die Ausstellung vom Kirchplatz aus, wird man durch einen bunten Reigen der Möglichkeiten in dieser Welt geführt. Das reicht von der Autobahn, die zwar monoton, aber geordnet ist. „Tageintagaus“ hat Lilli Rieger-Grab das Bild genannt. Mit jedem Schritt wird die Welt nun bunter, aber auch abstrakter.

Beide Wege der Ausstellung treffen sich im Chorraum am Kreuz. Unter dem sterbenden Jesus hängt das Bild „Gedankenspiele“. Die Frage, was wäre, wenn…, hängt hier im Raum. Eine Frage, die derzeit so oft wie keine andere gestellt wird. Die hellen Blau- und Weißtöne des Bildes geben den Gedanken und Antworten eine hoffnungsvolle, zuversichtliche Richtung. Ein bisschen Mut, der hilft, die Krise zu überstehen. 

Geöffnet ist die Ausstellung „Jeder Tag ist Leben“ noch bis Freitag, 29. Januar, dienstags bis samstags, jeweils 10 bis 18 Uhr in der Citykirche Mönchengladbach, Kirchplatz 14 in Mönchengladbach.