Aufgabe der Christen

Region Krefeld-Meerbusch zieht schonungslose Bilanz und ruft zur Selbstverantwortung auf

Das neue Regionalteam mit (l.) Hans-Joachim Hofer, Elisabeth Vraatz  (2. v. l.) und  Heiner Schmitz  (2. v. r.) mit Referent Thomas Sternberg (M.) und den Bürgermeisterinnen von Meerbusch, Angelika Mielke-Westerlage (r.), und Krefeld, Gisela Klaer (3. v. r.). (c) Dorothée Schenk
Das neue Regionalteam mit (l.) Hans-Joachim Hofer, Elisabeth Vraatz (2. v. l.) und Heiner Schmitz (2. v. r.) mit Referent Thomas Sternberg (M.) und den Bürgermeisterinnen von Meerbusch, Angelika Mielke-Westerlage (r.), und Krefeld, Gisela Klaer (3. v. r.).
Datum:
15. Jan. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 03/2019 | Dorothée Schenk
Da steckt „Mut“ drin: Mut zur Erkenntnis, zu klaren Worten, Mut zur Forderung und Aufforderung.

Der Neujahrsempfang der Region Krefeld im Pax-Christi-Gemeindezentrum ist in seiner Deutlichkeit sicher auch eine emotionale Zu-Mut-ung gewesen. Die Wortbeiträge zwingen zur Reflexion und vor allem zu einem: zum Handeln.
Der Neujahrsempfang ist traditionell der Tag in der Region Krefeld-Meerbusch, an dem zur Begegnung mit Gesellschaft, Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Verbänden und christlichen Kirchen, jüdischer und muslimischer Gemeinde eingeladen wird. Und die Reihen sind gut besetzt. Die Einladung lässt klar erkennen: Hier geht es ums Grundsätzliche. Das Thema des Hauptredners Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, heißt: „Kirche selber machen!“ In seinen Bergrüßungsworten macht Hans-Joachim Hofer klar, dass es sich um einen „Krisengipfel“ handelt, listet schonungslos die Mängelliste auf. Trotzdem ist es nicht trostlos: „Bitte bringen Sie sich in den synodalen Prozess ein“, ist sein Wunsch, denn „Ihre Arbeit und Ihre Expertise sind besonders gefragt.“

„Wir werden bewusst oder unbewusst Zeitzeugen eines wirklich epochalen, grundlegenden Gestaltwandels der katholischen Kirche in ihrer bestehenden Form werden.“ So führt Heiner Schmitz seine Schlussworte ein, von denen man eigentlich ein versöhnliches „In-Gespräche-und-den-geselligen-Teil-Entlassen-Werden“ erwartete. Statt dessen legt Pfarrer Schmitz die Finger noch einmal in die Wunden, spricht von sexueller Gewalt, die Priester und Ordensleute gegenüber Kindern auch unter Ausnutzung der Vertrauenspositionen verübt haben und die man keinesfalls als Taten einzelner verharmlosen solle. Bekannt sei vermutlich nur die Spitze des Eisberges. Er lenkt den Blick auf die Opfer und die Langzeitfolgen, die noch viel zu wenig bekannt seien. Einerseits sei „der ,Leib Christi‘, wie wir ihn theologisch nennen, glaube ich, auch in der Tiefe verletzt worden“, gleichzeitig gehe der Blick nach außen, denn „das wichtigste Kapital der Kirche, das sensible Gut des Vertrauens, ist weitgehend verspielt,“ sagt Heiner Schmitz und: „Die Institution ,Kirche‘ hat den Missbrauch zumindest begünstigt.“


Veränderung durch den Abbau einer klerikalen Machtpyramide als Ganzes

Ganz klare Forderungen knüpft der Kirchenmann daran, um den Weg in die Zukunft zu gehen: „Wir müssen uns den Themen klerikaler Machtstrukturen, dem Thema der zölibatären Lebensform, dem Thema der gleichgeschlechtlichen sexuellen Orientierungen stellen.“ Veränderung soll durch den Abbau einer klerikalen Machtpyramide als Ganzes gelingen. Sie sei zu ersetzen durch ein Netzwerk gegenseitiger Unterstützung und Ermächtigung, ein „Netzwerk, in dem alle gleich würdig und gleich berechtigt sind“.

Ein anderes Krisenphänomen sei die „rapide beschleunigte Bewegung in die Konfessionslosigkeit“. Die junge Generation könne die Bedeutsamkeit des Evangeliums, des Glaubens für ihr Leben nicht mehr erkennen. „Was ist unsere Antwort auf diese Phänomene?“, stellt Schmitz die Frage in den Raum und zitiert Bischof Helmut Dieser, dem es in seinem Prozess „Heute bei dir“ um eine kritische Sichtung des Status quo gehe, um eine „Inventur“ und „daraus erwachsend eine grundlegende Kurskorrektur“. Daraus entspringe die zweite Frage, welchen Zweck Christen in Krefeld zu erfüllen hätten.

Mitmachen, ist die kurze Antwort. Im Namen des Regionalteams, des Katholikenrates und Pastoralrates sprach Heiner Schmitz die Einladung aus, „in dem noch jungen Jahr mit an einem Netzwerk gegenseitiger Unterstützung und Ermächtigung zu knüpfen. Professor Sternberg hat eben appellativ gesagt: Tun Sie was, handeln Sie! Fragen Sie nicht zwei Mal! Das, was Sie sehen, was Sie erkennen – haben Sie den Mut: Sie sind ermächtigt, es anzupacken. Da erbitte ich Ihrer aller Solidarität zu erkennen, was wir hier in Krefeld zum Nutzen der Menschen in unserer Stadt als Kirchen für einen Auftrag haben.“