Auferstehung – welch ein Trost!

Ein Zugang zum Ostergeschehen kann sich für uns an den Stellen eröffnen, wo wir uns als verwundbar erleben

(c) Zachi Evenor/CC BY 2.0/via wikimedia commons)/See Genezaret
Datum:
13. Apr. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 15/2022 | Ursula Heck

Anlässlich der christlichen Hochfeste wird manchmal beklagt, dass viele Menschen nicht mehr die Inhalte kennten, deretwegen wir – und das auch noch mehrere Tage – feiern.
Wahrscheinlich könnten auch viele der Menschen, die mir im Krankenhaus oder in der Trauerpastoral begegnen, den dogmatischen Hintergrund von Jesu Tod und seiner Auferstehung nur unzureichend darstellen. 

Aber ich glaube, dass sie sich das am Karfreitag und an Ostern Geschehene aufgrund ihrer Lebenssituation angeeignet haben. Sie spüren Schmerz und Leid, sie zweifeln und sind manchmal aufgrund von Diagnosen, die keine Heilung mehr erwarten lassen, verzweifelt. Sie kennen innere Kämpfe und das Ringen um die Einwilligung in das Sterben oder den 
vor kurzer Zeit erlebten Tod und sie erahnen Hoffnungsschimmer. Und diese Lebenserfahrung zieht Kreise: Fast immer erfasst sie auch Familie, Freunde und Freundinnen der unmittelbar betroffenen Person.

Anders als wenn wir uns als Unbeteiligte recht allgemein über unsere Endlichkeit und unsere Zukunftshoffnungen austauschen oder die Feier von Tod und Auferstehung Jesu begehen, ist das Erleben dieser Menschen sozusagen leibhaftig. Uns anderen bleibt es letztlich äußerlich – wir könnten auch sagen verborgen, solange uns nicht Krankheit und Tod direkt selber (be)treffen. Unser Zugang eröffnet sich an den Stellen, wo wir uns mitten im Leben als verwundbar oder wie tot erleben.

Kranke und trauernde Menschen suchen nach Ausblick und Trost, und ich erlebe sie gerade nicht verschlossen, sondern offen den uns allen in der Bibel entgegengebrachten Öffnungen und Einladungen gegenüber. An drei Beispielen im Kontext der Osterbotschaft möchte ich zeigen, wo die biblische Botschaft und die Sehnsucht der Menschen die Chance haben, miteinander in Beziehung treten zu können.


Erster Brief des Petrus 3,18f: 
Denn auch Christus ist […] gestorben, […] dem Geist nach lebendig gemacht. […] So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren […].

Diese Bibelstelle wird (innerkirchlich) oft zur Beantwortung der Frage herangezogen, wo Jesus zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung, also am Karsamstag „war“. Sie wird so gedeutet, dass er die (sündigen) Menschen in der Unterwelt oder Hölle („im Gefängnis“) besucht hat, die damit kein gottloser oder hoffnungsloser „Ort“ mehr bleibt. 
Menschen, die große existenzielle Angst aufgrund einer schweren Erkrankung haben, oder Trauernde, die sich nach dem Tod eines geliebten Menschen nicht vorstellen können, noch einmal Lebensfreude zu empfinden, beschreiben sich wie gefangen in einem Kokon, aus dem sie nicht herauszufinden wissen. Sie suchen danach, was Perspektive in ihre Situation bringen könnte, die sich in der Regel nicht schlagartig ändert, sondern sich wie ein langsamer Prozess der Zustimmung darstellt.

Dass da hinein von jemandem gesagt wird, dass er das nicht nur kennt, sondern in diesem Gefangensein dabei ist und bleibt, erreicht Menschen, findet einen Anknüpfungspunkt in ihnen, kann ihr Herz beruhigen.


Johannesevangelium 21,4.12: 
Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. […] Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.

Wie bei der vorhergehenden Bibelstelle wird hier sehr genau unsere Unsicherheit und gleichzeitige (Gottes)Ahnung beschrieben: Wir wissen nicht genau, wer es ist, der in den dunkelsten Momenten bei uns bleibt. Darin dass wir etwas spüren und uns nicht nichts da zu sein scheint, dass darin Gottesbegegnung angenähert werden könnte, lässt sich mit vielen Menschen Übereinstimmung finden.

Auch weil uns der Austausch darüber verwundbar machen könnte, ist es schwierig, über so eine noch offene Ahnung zu sprechen. Es erscheint mir wichtig, dass wir einander in Krisenzeiten darin bestärken, aber auch sonst, dass einer da ist, der etwas für uns vorbereitet hat, das unseren Hunger stillen kann: Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen (Joh 21,9).

Insgesamt wird in Joh 21,1–14 eine wunderbare Geschichte am See erzählt von Nicht-Wissen, Scheitern, Vertrauen, plötzlichem Ins-Wasser-Springen, Erfüllung und Essen, das wir uns noch nicht einmal selber nehmen müssen: Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch (Joh 21,13).

Solch weitreichendes Entgegenkommen und solch absichtslose Zugewandtheit kann auch zutiefst erschütterte Menschen anrühren, aus Erstarrung lösen, ihren Blick weiten.


Erster Brief an die Korinther 15,15f: 
[…] Er (Gott) hat Christus auferweckt. 
Er hat ihn eben nicht auferweckt, wenn Tote nicht auferweckt werden. Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. 

Menschen denken manchmal, Auferstehung sei etwas für den Einen, für Jesus, den wir Ostern feiern. Unmissverständlich wird in der Bibelstelle gesagt, dass es keine Auferstehung Jesu ohne unsere Auferstehung gebe. Gott erweckt den Sohn nicht exklusiv, wie bei ihm nichts exklusiv, ausschließlich, vorbehaltend, sondern immer für uns ist. Auferweckung gibt es in dem Einen nur für alle. Ostern feiern wir die Auferweckung des

Einen und gleichzeitig immer schon die davon ausgehende Zuversicht: aller. Was für ein Trost in unsere gnadenlosen Kämpfe des Konkurrierens und in unsere Todesangst hinein! 
Vielleicht „springt“ das, was in dieser Botschaft alle Erwartungen sprengt, zu uns über. Oder es geht uns leiser und verhaltener auf, wie es Karl Rahner einmal über den Osterjubel im Hinblick auf Menschen gesagt hat, denen es gerade nicht so gut geht. Egal ob manchmal überbordend oder als anfängliche Ahnung: 


Frohe und gesegnete Ostern! 

Info

(c) www.grabeskirche-aachen.de

Die Autorin ist Pastoralreferentin mit den Schwerpunkten Krankenhausseelsorge am St.-Marien-Hospital Düren und Trauerpastoral an der Grabeskirche St. Josef Aachen.