Im Grunde erzählt jede Krippe eine Geschichte, die man gut kennt, von Christi Geburt im Stall von Betlehem. Oder war es doch eine Höhle? Damit fängt es schon an, denn in ihren Details sind Krippen völlig unterschiedlich. So unterschiedlich wie die Menschen, die sie gestaltet haben, ihre Lebensumstände, ihre Herkunft und ihr Blick auf diese so bekannte Geschichte.
Weil man die Weihnachtsgeschichte auf so viele Weisen „erzählen“ kann, lädt jede Krippe ein, sie zu entdecken. Der Leitgedanke der Aachener Heiligtumsfahrt im kommenden Jahr –„Entdecke mich“ – passt daher sehr gut zu Krippen und zur traditionellen Ausstellung von Krippen aus aller Welt im Eine-Welt-Laden von Missio, dem Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und dem Bistum Aachen, „Weltweit am Dom“.
Gut 100 Krippen aus 30 Ländern machen hier auf kleinem Raum die „eine Welt sichtbar und erfahrbar“, wie Markus Offner, Leiter der Abteilung Weltkirche im Bischöflichen Generalvikariat, zur Eröffnung der Ausstellung erklärte. Es sind künstlerisch gestaltete Krippen aus Afrika, Asien, Südamerika und Ozeanien, von ganz klein bis groß, aus höchst unterschiedlichen Materialien von Holz über Filz bis Stein, die hier zum Entdecken auffordern. Dazu entstehen beim Betrachten neue Blickwinkel auf die Geschichte von Christi Geburt.
„Letztlich geht es in jeder Krippe darum, Jesus Christus zu entdecken und sich die Frage zu stellen, wer uns in der Krippe gegenüberliegt“, sagt Thomas Bürgerhausen, der den Laden leitet, unterstützt von einem Team aus Ehrenamtlichen. Sie riefen auf, Jesus Christus, den Sohn Gottes, als den zu erkennen, der für alle Menschen in die Welt gekommen sei. „Der Jesus, den Christen bekennen, wendet sich in der Krippe allen Menschen liebevoll zu. Für ihn zählen keine Kategorien wie Herkunft, Kultur, Sprache oder Nationalität.“ Krippen seien „Hoffnungsschimmer für Menschen in nicht einfachen Zeiten“, unterstreicht Markus Offner.
Nicht nur die Vielfalt, die dem Leitgedanken der nahenden Heiligtumsfahrt entsprechend zum intensiven Schauen einlädt, schlägt den Bogen zu dem Großereignis im Sommer 2023 in Aachen und Kornelimünster. Zwei der vier im Aachener Dom verwahrten Tuchreliquien sind Teil der Weihnachtsgeschichte: das Kleid Mariens und die Windeln Jesu. Das schaffe eine besondere Verknüpfung, sagt Dompropst und Wallfahrtsleiter Rolf-Peter Cremer.
In Aachen gebe es zwei Legenden. So soll das Kleid Mariens das Kleid sein, das diese in der Nacht getragen hat, als sie ihren Sohn, Gottes Sohn, zur Welt gebracht hat. Das würde auch die Größe des verehrten Kleidungsstücks erklären, sagt Rolf-Peter Cremer mit einem Schmunzeln und erzählt von einem Erlebnis mit Kindern bei der Betrachtung des Kleids Mariens. Ein Kind habe gemeint: „Das ist aber groß.“ Worauf ein anderes die logische Erklärung gegeben habe: „Mensch, Maria war doch schwanger.“ Auch um die Windeln Jesu rankt sich eine Legende. Sie sollen aus den Hosen des heiligen Josef gemacht sein. „Wenn es nicht stimmt, könnte es zumindest so sein“, stellt Aachens Dompropst fest.
Der Leitgedanke „Entdecke mich“ passt für ihn überhaupt sehr gut zu Krippendarstellungen. Da seien die kleinen Details, die Krippenbauer beim Aufbau veränderten oder die sie neu einbänden. Außerdem lade die Krippe Menschen ein, sich selbst, andere Menschen und Gott immer wieder neu zu entdecken.
Eine Entdeckungstour ist in jedem Jahr auch der Aachener Krippenweg, der zum 23. Mal unter dem Motto „Folget dem Stern!“ Krippendarstellungen an vielen Orten in Aachen – Kirchen, Geschäften, Institutionen – verbindet. Auf über 50 Stationen ist er in diesem Jahr angewachsen und bezieht auch Krippen in der Städteregion Aachen sowie im benachbarten Belgien und den Niederlanden ein. Statt einem Krippenfaltplan gibt es außerdem erstmals ein Begleitheft mit ausführlichen Beschreibungen.
Höhepunkte seien die Krippe des Doms, die in reduzierter Form aufgebaut sei, oder auch die Hauskrippe des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“, eine in der Tradition der Makonde aus Tansania geschnitzte Krippe im Foyer des Rathauses, erläutert Caroline Weber vom Kulturbüro Rheinstil, die den Krippenweg organisiert.
Die Elisengalerie zeigt ihre große Heimatkrippe, diesmal mit zwei Details zum Entdecken. Zwischen die Hirten hat sich ein Pilger gemischt, und Maria und Josef kommen gerade erst am Stall an. Die Geburtsszene kommt erst kurz vor Weihnachten. Auch der Krippenweg schlägt den Bogen zur Heiligtumsfahrt, wie Caroline Weber erläutert. Das Plakatmotiv nehme diesmal Bezug auf das Kleid Mariens und die Windeln Jesu. „Zu sehen sind Maria, die das Wickelkind Jesus auf dem Schoß hält, Josef, der die Wäsche der kleinen Familie aufhängt, und der Engel. Das Kleid Mariens hängt auf der Leine, und im Wäschekorb daneben sind die Windeln Jesu.“ Der Engel der Verkündigung hält ein Kriegsflugzeug in Schach. Hoffnungszeichen in den schwierigen Zeiten, in denen wir derzeit leben.
Wie in jedem Jahr stehen die fair gehandelten Krippen, die in der ehrenamtlich betreuten Ausstellung bei „Weltweit am Dom“ gezeigt werden, auch zum Verkauf. Der Erlös kommt nicht nur den Kunstschaffenden zugute, sondern unterstützt auch Hilfsprojekte in deren Herkunftsländern.
Die Ausstellung ist – ebenso wie die Krippen des Aachener Krippenwegs – noch bis zum 6. Januar bei „Weltweit am Dom“ in Aachen am Münsterplatz 28 zu sehen. Informationen zu den Stationen des Krippenwegs, dem Begleitheft und den Führungen gibt es unter www.aachener-krippenweg.de.