Auch das Pfarrhaus wurde zerstört

Bei der Kolpingsfamilie schilderten in Kall Betroffene von der schrecklichen Flutnacht zum 15. Juli 2021

Flutopfer trafen sich auf Einladung der Kaller Kolpingsfamilie, um über ihre Erlebnisse in der Flutnacht und den Tagen danach zu berichten. (c) Reiner Züll/pp/Agentur ProfiPress
Flutopfer trafen sich auf Einladung der Kaller Kolpingsfamilie, um über ihre Erlebnisse in der Flutnacht und den Tagen danach zu berichten.
Datum:
10. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 19/2023 | Reiner Züll

Sie habe sich bisher nie mit der Arbeit der Kaller Kolpingsfamilie beschäftigt, äußerte eine Frau, die im Juli 2021 Opfer der schweren Flutkatastrophe wurde. „Ich dachte, das sind ein paar alte Leute, die einmal im Jahr eine Kaffeefahrt machen“, gestand sie am Sonntagmorgen bei einem Treffen von Kaller Flutopfern, zu dem die Kolpingsfamilie in den Saal Gier eingeladen hatte.

Grund des Treffens war die Übergabe eines Spendenschecks der Kolpingsfamilie Paderborn in Höhe von 16000 Euro. Seit Juli unterstützt sie viele schwer von der Flut getroffene Kaller Familien. Claus Meier, Vorsitzender des Paderborner Verbands, berichtete von vielen Aktionen für die Kaller Flutopferhilfe in Ostwestfalen direkt nach dem schlimmen Ereignis.

Hans-Peter Dederichs, Sprecher des Leitungsteams der Kaller Kolpingsfamilie, berichtete, schon eine Woche nach der Flut seien die ersten 1000 Euro von Paderborn nach Kall gebracht worden, als dort bekannt wurde, dass viele Mitglieder der Kaller Kollegen bei der Flut ihr Haus oder ihre Wohnung verloren hatten. Nur eine Woche später habe er weitere 4000 Euro an Geschädigte verteilen können. 

„Alle Aktionen, die wir bei uns veranstaltet haben, waren für die Freunde aus Kall bestimmt“, sagte Claus Meier. Spendenaufrufe hätten ein großes Echo gefunden. Meier: „Wir mit unseren 94 Mitgliedern haben aber noch nie eine Spenden- aktion gestartet und waren total unerfahren.“ Man habe auf einer Karte die Flutgebiete ausfindig gemacht, nachgeschaut, wo es in diesen Gebieten eine Kolpingsfamilie gibt, und sei auf Kall gestoßen.

„Es sah in Kall aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte“, berichtete der Paderborner Arne Esch-Hagen, der in Erftstadt arbeitet und sich direkt nach dem Hochwasser in Kall ein Bild von den Zerstörungen gemacht hatte. Dabei, sagt Claus Meier, sei es recht schwierig gewesen, mit den Kallern in Kontakt zu treten, weil dort weder Telefon noch Internet funktioniert hätten. Über Arne Esch-Hagen sei schließlich der Kontakt zu Hans-Peter Dederichs hergestellt worden.

Nicht nur Kolpingmitglieder unterstützt

Dederichs berichtete, dass mit den Hilfen aus Ostwestfalen nicht nur Mitglieder der Kolpingsfamilie unterstützt würden. Vielen Familien habe es am Nötigsten gefehlt, und die Not sei noch immer groß.

Die Betroffenen des Hochwassers waren der Einladung der Kaller Kolpingsfamilie jedoch nicht nur wegen der Scheckübergabe in den Saal Gier gefolgt. Die 43 Geschädigten berichteten von den schlimmen Ereignissen der Nacht und den Tagen danach. So auch Pfarrer Hajo Hellwig, der sich damals ein paar freie Tage gegönnt hatte und bei seiner Rückkehr ein völlig verschlammtes und verwüstetes Pfarrhaus vorfand. Er wohne derzeit bei einem Mitglied des Pfarreirates. Die Sakristei in der Kirche sei jetzt sein Büro. Das werde auch noch längere Zeit so bleiben müssen. „Bei uns haben Leute geholfen, die habe ich noch nie im Leben gesehen“, berichtete Fred Müller vom Kaller Kolping-Vorstand, dessen Haus im Vogtpesch ebenfalls verwüstet wurde.

Eine Frau, die von einer Paderborner Spende überrascht wurde, obwohl sie nicht Mitglied der Kaller Kolpingsfamilie sei, schilderte unter Tränen, wie sie sich im Haus vor den hereinstürzenden Wassermassen in Sicherheit bringen musste und durch die Flut alles verloren habe. Die 68-Jährige wohnt derzeit bei einer Freundin in Oberschömbach in der Gemeinde Hellenthal und hofft, bald wieder nach Kall zurückkehren zu können. 
Die große Hilfsbereitschaft wecke Hoffnung, war von vielen Betroffenen zu hören. Und fast alle äußerten ihren größten Wunsch, Weihnachten wieder in der eigenen Wohnung feiern zu können.

Ein Flutopfer aus Kall, das in der Nacht „total abgesoffen“ sei, bedankte sich bei Claus Müller auf ganz besondere Art: „Mit meinem Dank an Sie verbinde ich den Wunsch, dass der FC Paderborn im nächsten Jahr wieder in die erste Bundesliga aufsteigt.“ Die Teilnehmer des Flutopfer-Treffens im Saal Gier waren des Lobes voll über das soziale Engagement der Kolpingsfamilien, das vielen völlig unbekannt war. So auch die Frau, die Kolping bisher mit alten Leuten und Kaffeefahrten verband. Für sie stand nach dem Treffen fest: „Da werde ich Mitglied.“