Auch das Pfarrhaus wurde zerstört

16 000-Euro-Spende für Flutopfer in Kall. Betroffene schilderten die Ereignisse der Schreckensnacht

Die Spendenbereitschaft war außerordentlich groß. (c) Reiner Züll
Die Spendenbereitschaft war außerordentlich groß.
Datum:
16. Nov. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 46/2021 | Reiner Züll

Sie habe sich bisher nie mit der Arbeit der Kaller Kolpingsfamilie beschäftigt, gestand eine Frau, die im Juli ein Opfer der schweren Flutkatastrophe geworden war. „Ich dachte, das sind ein paar alte Leute, die einmal im Jahr eine Kaffeefahrt machen“, gestand sie bei einem Treffen von Kaller Flutopfern, zu dem die Kolpingsfamilie in den Saal Gier eingeladen hatte.

Grund des Treffens war die Übergabe eines Spendenschecks in Höhe von 16000 Euro durch die Kolpingsfamilie Paderborn. Sie unterstützt seit Juli viele schwer von der Flut getroffene Kaller Familien. Der Vorsitzende des Paderborner Vereins, Claus Meier, berichtete von vielen Aktionen, die in Ostwestfalen direkt nach dem schlimmen Ereignis für die Kaller Flutopfer-Hilfe organisiert worden seien.

Wie Hans-Peter Dederichs, der Sprecher des Leitungsteams der Kaller Kolpingsfamilie, berichtete, seien schon eine Woche nach der Flut die ersten 1000 Euro von Paderborn nach Kall gebracht worden, nachdem bekannt geworden war, dass viele Mitglieder der Kaller Kollegen Haus oder Wohnung verloren hatten. Nur eine Woche später habe er weitere 4000 Euro verteilen können. „Alle Aktionen, die wir bei uns veranstaltet haben, waren für die Freunde aus Kall bestimmt“, berichtete Claus Meier. Spendenaufrufe hätten ein großes Echo gefunden. Meier: „Wir mit unseren 94 Mitgliedern haben aber noch nie eine Spendenaktion gestartet und waren total unerfahren.“ Man habe auf einer Karte die Flutgebiete ausfindig gemacht und nachgeschaut, wo es in diesen Gebieten eine Kolpingsfamilie gibt. Dabei sei man auf Kall gestoßen.

„Es sah in Kall aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte“, berichtete der Paderborner Arne Esch-Hagen, der in Erftstadt arbeitet und sich direkt nach dem Hochwasser in Kall ein Bild von den Zerstörungen gemacht und darüber in Paderborn berichtet hatte. Dabei, so berichtete Claus Meier, sei es recht schwierig gewesen, mit den Kallern in Kontakt zu treten, weil dort weder Telefon noch Internet funktioniert hätten. Über Arne Esch-Hagen sei schließlich der Kontakt zu Hans-Peter Dederichs hergestellt worden.

Die Nacht und die Tage danach 

Flutopfer trafen sich auf Einladung der Kaller Kolpingsfamilie im Saal Gier, um über ihre Erlebnisse in der Flutnacht und den Tagen danach zu berichten. (c) Reiner Züll/pp/Agentur ProfiPress
Flutopfer trafen sich auf Einladung der Kaller Kolpingsfamilie im Saal Gier, um über ihre Erlebnisse in der Flutnacht und den Tagen danach zu berichten.

Dederichs berichtete, dass mit den Hilfen aus Ostwestfalen nicht nur Mitglieder der Kolpingsfamilie unterstützt würden. Vielen Familien habe es am Nötigsten gefehlt, und die Not sei noch immer groß.

Die Betroffenen des Hochwassers waren der Einladung der Kaller Kolpingsfamilie jedoch nicht nur wegen der Scheckübergabe in den Saal Gier gefolgt. Die 
43 Geschädigten, darunter auch der Kaller Pfarrer Hajo Hellwig, berichteten von den schlimmen Ereignissen der Nacht und den Tagen danach. Pfarrer Hellwig, der sich im Juli ein paar freie Tage gegönnt hatte, fand bei seiner Rückkehr ein völlig verschlammtes und verwüstetes Pfarrhaus vor. Er wohne derzeit bei einem Mitglied des Pfarreirates, die Sakristei in der Kirche sei jetzt sein Büro. Das müsse auch noch längere Zeit so bleiben.

„Bei uns haben Leute geholfen, die habe ich noch nie im Leben gesehen“, berichtete Fred Müller vom Kaller Kolping-Vorstand, dessen Haus im Vogtpesch ebenfalls verwüstet wurde. Auch bedankte sich eine Frau bei den Paderbornern für eine Spende, obwohl sie nicht Mitglied der Kolpingsfamilie sei. Unter Tränen schilderte die 68-Jährige, wie sie sich im Haus vor den hereinstürzenden Wassermassen in Sicherheit bringen musste und durch die Flut alles verloren hat. Sie wohne derzeit bei einer Freundin in der Gemeinde Hellenthal und hoffe, bald wieder nach Kall zurückkehren zu können, schilderte sie mit tränenerstickter Stimme.

Die große Hilfsbereitschaft wecke Hoffnung, war von vielen zu hören. Fast alle äußerten als größten Wunsch, Weihnachten wieder in der eigenen Wohnung feiern zu können. Ein Flutopfer aus Kall bedankte sich bei Claus Meier auf ganz eigene Art: „Mit meinem Dank an Sie verbinde ich den Wunsch, dass der FC Paderborn im nächsten Jahr wieder in die erste Bundesliga aufsteigt.“ Die Teilnehmer des Flutopfer-Treffens im Saal Gier waren des Lobes voll über das soziale Engagement der Kolpingsfamilien, das vielen völlig unbekannt war. So auch die Frau, die Kolping bisher mit alten Leuten und Kaffeefahrten verband. Für sie stand nach dem Treffen fest: „Da werde ich Mitglied.“