Etwas skeptisch schaut Theo auf den weißen Clip, den ihm Rettungssanitäter Kai Sommer auf den Zeigefinger gesteckt hat. Mit einem Kabel ist der mit einem Gerät verbunden, das wie ein Laptop aussieht. Kai Sommer drückt auf einen Knopf – und dann erscheint Theos Puls auf dem Bildschirm.
Das mobile Puls-Messgerät ist nur eines der Highlights, die die Kinder aus der Gruppe der Füchse in der Kindertagesstätte St. Peter in Viersen erleben. Sie dürfen ausprobieren, wie es ist, mit der Trage in den Krankenwagen geschoben zu werden, dürfen gucken, was es alles im Notfallkoffer gibt, den die Sanitäter immer auf dem Rettungswagen mit dabeihaben. Dabei lernen sie auch, dass es zwei Notfallkoffer gibt, einen für Erwachsene und einen speziell für Kinder. Auch die Instrumente, mit denen die Notfallpatienten untersucht werden, sind auf Kinder und Erwachsene angepasst.
Dann dürfen sie auch mal schauen, was genau es im Rettungswagen gibt und noch eine spezielle Trage ausprobieren, die zum Einsatz kommt, wenn Verletzte sich Knochenbrüche zugezogen haben und nicht bewegt werden dürfen.
Der Besuch des Rettungswagens war der Abschluss eines Modellkurses des Katholischen Forums in Kempen/Viersen mit dem Titel „Ich bin stark – ich kann helfen“. Der Kurs ist für Kinder im Vorschulalter gedacht, die hier lernen, wie sie Erste Hilfe leisten können. Dozentin Katharina Looschelders erläutert die Idee: „Spezielle Kurse für Eltern und Großeltern bei Kindernotfällen gibt es schon länger. Wir dachten, dass man das auch für Vorschulkinder anbieten kann.“ Drei Module in der Kindertagesstätte sind dafür vorgesehen. Zu Beginn hat Looschelders mit den Kindern besprochen, was denn Erste Hilfe sein kann. Trösten zum Beispiel, wenn sie spüren, dass es jemandem nicht so gut geht. Hilfe holen, wenn jemand verletzt ist, oder selbst etwas zum Kühlen holen. Wie sie helfen können, wird den Kindern durch für sie gerechte Kurzgeschichten vermittelt, bei denen ein Storch, eine Maus, ein Löwe und ein Schwein durch die Geschichten führen.
Außerdem haben sie sich genau angesehen, was alles in einen Verbandskasten gehört, und besprochen, wo Pflaster und Verbandszeug zu Hause aufbewahrt werden. Natürlich haben die Füchse auch ausprobiert, wie man Verbände anlegt. „Sie waren ganz begeistert und wollten gar nicht mehr aufhören“, erzählt die Dozentin. Alexandra Engelen, Leiterin der Füchse-Gruppe, ergänzt: „Jedem ist schon einmal etwas passiert, da kamen viele Geschichten hoch.“
Im zweiten Teil haben die Kinder geübt, wie man einen Notruf absetzt. Katharina Looschelders: „Dabei ging es vor allem darum, Angst vor so einer Situation zu nehmen und Fragen zu klären wie ,Kenne ich meine Adresse? Kann ich Hilfe holen, wenn ich zu aufgeregt bin?‘ Wichtig ist auch zu wissen: Beim Handy kann man auch den Notruf wählen, wenn man die PIN-Nummer nicht weiß.“
Eine Puppe hilft den Kindern, verschiedene Situationen durchzuspielen. Alexandra Engelen ist vor allem beeindruckt, was die Kinder aus dem Kurs alles mitgenommen haben. „Ich wurde schon ein paarmal zu Hilfe gerufen. Die Kinder haben sehr gut umgesetzt, was sie hier gelernt haben.“ Und sie denken schon weiter: „Viele haben das schon auf die zukünftige Situation angewendet, wenn sie in die Schule kommen. Da können sie dann der Lehrerin oder dem Lehrer Bescheid sagen.“ Der Erste-Hilfe-Kurs für Kinder baut auf anderen Projekten auf, die in der Kindertagesstätte schon im Programm sind. „Wir haben die Polizei und die Feuerwehr besucht. Wegen Corona sind die Tage der offenen Tür jedoch ausgefallen.“ Umso willkommener ist da der Besuch von Kai Sommer und seinem Kollegen Dominik Wittkamp, die den Kindern zum Abschluss geduldig jedes Detail am Rettungswagen erklären. Auch, dass immer jemand mit dem Verletzten mitfahren darf – die Eltern, Großeltern oder auch die Erzieherinnen.
Nach dem Probedurchlauf in der Kita St. Peter wird nun geprüft, wie der Kurs in das Programm des Katholischen Forums eingebaut werden kann. „Eventuell könnte man die Kurse kombinieren. Vor- oder nachmittags der Kurs für die Kinder, abends der Kurs für die Eltern und Großeltern“, überlegt Looschelders. „Schön wäre es, wenn das Angebot für alle Kitas kostenlos wäre“, meint Alexandra Engelen, denn Erste Hilfe ist ein wichtiges Thema, auch in dieser Altersstufe. Auch sie selbst hat etwas aus dem Kurs mitgenommen, erzählt die Erzieherin zum Schluss: „Ein Pflaster gehört immer ins Portemonnaie.“