Arm und Reich

Warum der Unterschied gefährlich für die Gesellschaft werden kann

Auf den Straßen in Mönchengladbach ist die Armut sichtbar. Tagsüber auf den Plätzen, nachts in den Eingängen der Geschäfte und in den Parks. (c) Garnet Manecke
Auf den Straßen in Mönchengladbach ist die Armut sichtbar. Tagsüber auf den Plätzen, nachts in den Eingängen der Geschäfte und in den Parks.
Datum:
23. Okt. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 43/2024 | Garnet Manecke

Was hat Armut auf der einen Seite und Reichtum auf der anderen mit der politischen Spaltung der Gesellschaft zu tun? Diese Frage diskutiert das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit am kommenden Samstag in der Citykirche Mönchengladbach. Dafür hat es mit dem Multimillionär Josef Rick und dem Armutsforscher Christoph Butterwegge zwei Diskutanten eingeladen, die auf zwei gegensätzlichen Seiten stehen, aber in einigen Punkten zusammenkommen.

Josef Rick zahlt keine Steuern. Das gibt er unumwunden zu. Dabei verdient der Düsseldorfer Immobilienunternehmer jedes Jahr siebenstellige Beträge. In einer Dokumentation des Wirtschaftsmagazins Monitor zeigt er den Steuerbescheid für das Jahr 1997 aus seiner Zeit als Unternehmensberater: Als Einkommen weist das Dokument eine Summe von 988933 Euro aus. In der Spalte zur festgesetzten Einkommensteuer steht ein Betrag von 0 Euro. Statt einer Steuernachzahlung erwartete den Unternehmer für das Steuerjahr 1997 eine satte Erstattung zu viel gezahlter Einkommensteuern, Kirchensteuern und Solidaritätszuschlag von insgesamt 62118,79 Euro.

Möglich machen das die Privilegien der Steueroptimierungen für Reiche. „Das ist im Wesentlichen heute auch noch möglich“, sagt Rick. „Das ist keine große Kunst.“ Obwohl ihn die Steuergesetzgebung privilegiert, fordert der Millionär: „Reiche müssen mehr besteuert werden.“

Am Samstag, 26. Oktober, ist Josef Rick einer der Gäste bei der Veranstaltung „Die gespaltene Gesellschaft – zwischen Armut und Superreichtum“ in der Citykirche Mönchengladbach. Dazu lädt das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit zusammen mit der Katholischen Region Mönchengladbach, dem Katholischen Forum für Erwachsenen- und Familienbildung Mönchengladbach und Heinsberg, dem Rosa-Luxemburg-Club Mönchengladbach und dem Evangelischen Kirchenkreis Gladbach/Neuss ein.

Neben Millionär Rick wird auch Armutsforscher Christoph Butterwegge auf dem Podium stehen. In seinem Vortrag geht er der „Armut und sozialen Ungerechtigkeit in einem reichen Land“ auf den Grund. In Interviews kritisiert der Politikwissenschaftler regelmäßig, dass mit der Einführung des Bürgergelds das Kernproblem von Hartz IV nicht angetastet worden sei. Bis Ende 2004 bekamen Menschen, die ihre Arbeit verloren hatten und keinen Arbeitslosengeldanspruch mehr hatten, Arbeitslosenhilfe. Die orientierte sich in der Höhe an dem letzten Nettoeinkommen vor der Arbeitslosigkeit und betrug davon 57 Prozent.
Mit Hartz IV (2005 bis 2022) und dem Nachfolger Bürgergeld (seit 1. Januar 2023) bekommen die Leistungsempfänger einen einheitlichen Betrag von 563 Euro im Monat für Alleinstehende und 506 Euro pro Person für Erwachsene ab 25 Jahren, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Junge Erwachsene, Jugendliche und Kinder bekommen geringere Beträge. Butterwegge bewertet in Interviews diese Beträge als „zu tief, um davon in Würde leben zu können“.

Die Belastung der Mittelschicht droht  eine Gefahr für die Gesellschaft zu werden

98 Einkommensmillionäre gibt es in Mönchengladbach laut Statistischem Landesamt. Wie viele davon aber wirklich Steuern zahlen, ist nicht erfasst. (c) Cathrine Skovly/unsplash.com
98 Einkommensmillionäre gibt es in Mönchengladbach laut Statistischem Landesamt. Wie viele davon aber wirklich Steuern zahlen, ist nicht erfasst.

Sowohl Butterwegge als auch Rick sehen vor allem in der Belastung der Mittelschicht eine Gefahr für die Gesellschaft. Die Armut schiebe sich immer mehr in die Mitte der Gesellschaft, beobachtet Butterwegge. Derzeit leben 14,4 Prozent in Deutschland an der Armutsgefährdungsgrenze. Das heißt, sie haben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Für Alleinstehende sind das 15765 Euro im Jahr, teilt das Statistische Bundesamt mit. Diese Menschen stehen unter Druck, weil sie oft fürchten, in die Armut zu geraten. Sie haben Angst, sozial abzurutschen oder gar abzustürzen.
In Mönchengladbach ist die Armut auf den Straßen sichtbar. Nach Ladenschluss schlagen in vielen Geschäftseingängen entlang der Haupteinkaufsstraße Obdachlose ihre Lager auf. Auch in Parks wie dem Volksgarten oder dem Stadtwald stehen Zelte, in denen Obdachlose übernachten.

Auf der anderen Seite gibt es in Mönchengladbach auch großen Wohlstand. Laut Statistischem Landesamt IT NRW erklärten 98 Steuerpflichtige ihre Einkünfte von mehr als einer Millionen Euro. Aber wie das Beispiel Josef Rick zeigt, zahlen nicht alle davon auch Steuern. Wie viele Mönchengladbacher Multimillionäre keine Steuern zahlen, wird nicht erfasst.

Samstag, 26. Oktober, „Die gespaltene Gesellschaft – zwischen Armut und Superreichtum“, 
15–19 Uhr, Citykirche Mönchengladbach, Kirchplatz 14, Eintritt frei