Anpacken und helfen

In den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach haben Jugendliche Spendensammlungen organisiert

Die „Jugend für den Frieden“ der Gemeinschaft Sant’Egidio packt Kisten für die Flutopfer. Einige der Jugendlichen haben selbst die Erfahrung gemacht, alles zu verlieren. (c) Sant’Egidio
Die „Jugend für den Frieden“ der Gemeinschaft Sant’Egidio packt Kisten für die Flutopfer. Einige der Jugendlichen haben selbst die Erfahrung gemacht, alles zu verlieren.
Datum:
21. Juli 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 29/2021 | Garnet Manecke

Das Wasser nahm alles mit. Die Bilder aus den Hochwassergebieten haben auch die Jugendlichen in den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach berührt. Sie wollten helfen und organisierten Spendenaktionen. Einige wissen aus eigener Erfahrung, was es heißt, alles zu verlieren. Am Wochenende haben sie Sachspenden auf den Weg gebracht. Die ersten Lkw sind bereits am Samstag losgefahren.

Zum Einladen der ganzen Spenden in den Lkw haben sich in Mönchengladbach auch spontan noch Helferinnen und Helfer gefunden. (c) Christoph Rütten
Zum Einladen der ganzen Spenden in den Lkw haben sich in Mönchengladbach auch spontan noch Helferinnen und Helfer gefunden.

Für Ala war sofort klar, dass sie helfen würde. Sie hat geschaut, was sie abgeben kann, die Sachen gut verpackt und ist damit zur Sammelstelle der „Jugend für den Frieden“. Die Jugendabteilung der Gemeinschaft Sant’Egidio hat in den Räumen des ehemaligen Franziskanerklosters Sachspenden zusammengetragen, die sie zu Menschen in der Eifel und in der Städteregion Aachen bringt. Ala weiß, was es heißt, von jetzt auf gleich alles zu verlieren. „Wir haben das alles selbst erlebt“, sagt sie.

Die junge Mutter ist aus Syrien geflüchtet und hat hier ein neues Zuhause gefunden. Damals war sie auf die Hilfe anderer angewiesen, um sich mit ihrer Familie ein neues Leben aufzubauen. Heute hilft sie anderen. Wie Ala geht es einigen der Familien, deren Kinder regelmäßig in der Regenbogenschule an der Hausaufgabenhilfe und den Freizeitangeboten teilnehmen. In zwei Tagen sammelten sie Kleidung, Hygieneartikel, Nahrungsmittel und Spielsachen und brachten die Spenden vorbei. Auch Bangin musste Syrien verlassen. Jetzt packt er die Kartons auf seinen Anhänger, mit dem er die Spenden an ihren Bestimmungsort transportieren wird. „Wir sitzen schließlich alle in einem Boot“, sagt er. Seit vergangener Woche ist klar, dass die Sintflut nicht nur eine  Geschichte in der Bibel ist, sondern durchaus eine reale Gefahr der Gegenwart.

Die jungen Frauen und Männer der „Jugend für den Frieden“ haben die Aufgabe übernommen, die vielen Spenden zu sortieren und für den Transport zu verpacken. Glück im Ungkück: Weil gerade Ferien sind, haben viele Zeit dafür. „Wir können die Menschen nicht allein lassen in ihrer Not“, sagt die 18-jährige Lara.

Als die Jugendlichen die Türen öffneten, war die Warteschlange 100 Meter lang
Das haben sich auch die Jugendlichen der Jugendkirche in Mönchengladbach gedacht (JIM). Über Facebook haben sie zur Spendenaktion aufgerufen. Schnell war ein Lkw organisiert, der um 14 Uhr die Spenden abholen sollte. Über die sozialen Medien hat das JIM-Team um Spenden geworben und mit dem Öffnen der Kirchentüren füllte sich der Kirchenraum in Mönchengladbachs Zentrum von Minute zu Minute. Neben Kleidung und anderen Dingen des täglichen Bedarfs wurden auch Schubkarren, Leitern, Schaufeln und Besen vorbeigebracht. In der Kirche sortierten die Jugendlichen die Sachen. Unterstützt wurden sie dabei auch von Spendenden, die sich spontan dazu entschlossen, mit anzupacken.

Pünktlich um kurz vor 14 Uhr rollte dann der Lkw durch die enge Straße. Kurz zuvor hatte das JIM-Team nochmals per Social Media um helfende Hände für das Verladen gebeten. Mit Erfolg: Gemeinsam wurden die Kisten, Säcke und Tüten auf der Ladefläche verstaut, eine halbe Stunde später machte sich der Lkw auf in Richtung Alsdorf. An der Verladestelle wurden die Spenden für die Region gesammelt, um sie verteilfertig zu machen.

 

Auch in Wegberg war die Hilfsbereitschaft groß

Förmlich überrannt wurden auch die Pfadfinder Wegberg. Die Mädchen und Jungen der Stämme Titus Brandsma Wegberg und St. Georg Beeck sowie des Stamms Dahlheim hatten zuerst mit ihren Eltern geredet und über WhatsApp bei Verwandten, Freunden und Bekannten für ihre Idee geworben. Das sprach sich schnell rum, jemand postete die Spendenaktion auf Facebook und so sahen sich die 20 Pfadfinderinnen und Pfadfinder schon einer 100 Meter langen Schlange von Spendenden gegenüber, als sie die Türen um 10 Uhr öffneten. „Eine gute Stunde später mussten wir einen Annahmestopp aussprechen“, sagt Sven Mühlen, Sprecher des Pfadfinderstamms Titus Brandsma Wegberg.

Bis in den Nachmittag hinein haben die Jugendlichen die Sachen unermüdlich sortiert. Jetzt ist alles in Anhänger und Transporter verstaut, die Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt haben. Es wird noch etwas dauern, bis die Spenden an ihren Zielort kommen. „Wir hatten mit dem DRK (Deutsches Rotes Kreuz, Anm. der Red.) abgesprochen, dass wir die Sachen nach Aachen bringen“, berichtet Mühlen. „Aber während wir noch sortiert haben, bekamen wir die Nachricht, dass die Lager voll seien.“ Nun stehen neun Riesenanhänger voll gepackt auf dem Hof.“

Sorge, die Sachen nicht mehr los zu werden, hat Mühlen aber nicht. „Jetzt geht es um die akute Ersthilfe. Die Menschen werden auch in den kommenden Wochen Sachen brauchen“, ist er sicher. „Wenn die Lager wieder leerer werden, bringen wir unsere Sachen hin.“ Wenn zwischendurch jemand Hilfe braucht, kann schnell darauf zugegriffen werden. „Das ist alles so sortiert, dass wir genau wissen, wo die Windeln liegen, oder Kleidung in der gesuchten Größe, Schuhe oder Spielzeug“, sagt Mühlen.