Angekommen und angenommen

Mit 62 Jahren legt Maria de La Cruz Barquero-Martin im Dürener Kloster Karmel ihre Ewige Profess ab. Eine ganz bewusste Entscheidung.

(c) Stephan Johnen
Datum:
17. Apr. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 16/2024 | Stephan Johnen

Der Weg war nicht immer einfach. Es gab steinige Passagen, viele Weggabelungen und vielleicht auch den ein oder anderen Umweg. Begleitet hat Maria de La Cruz  Barquero-Martin aber stets eine Gewissheit: „Ich komme von Gott und will wieder zu Gott. Ich möchte ganz Gott gehören.“ Nun ist die lebensfrohe 62-Jährige, die gerne und viel aus vollem Herzen lacht, angekommen. 

Ende März hat sie als Schwester Maria de La Cruz im Dürener Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen ihre endgültigen Ordensgelübde abgelegt und sich dadurch für ein Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam entschieden. Mit viel Liebe und Wohlwollen wurde sie in die Gemeinschaft aufgenommen und empfindet tiefe Dankbarkeit – und Freude! „Ich fühle mich angenommen, so wie ich bin“, sagt Schwester Maria de La Cruz.

Ihr Ordensname ist zugleich ihr Taufname. „Meine Taufpaten haben damals für mich geantwortet, Teil der Kirche zu werden. Die ganze Zeit hat sich diese Entscheidung ausgedrückt, ohne dass ich sie gesucht hätte“, blickt sie auf den Weg bis zur Ewigen Profess zurück, zu dem auch ein ausgefülltes Leben in der Alten- und Palliativpflege gehört. Entlang der Strecke habe sie viele Menschen getroffen, die ihr geholfen haben, den Glauben zu vertiefen – und auch, schwierige Phasen zu durchstehen. Den zurückgelegten Weg empfinde sie als positive Odyssee: „Ich bin ins Kloster gekommen, weil ich mich berufen fühle. Aber wenn man sich selbst noch nicht kennt, kann man vieles falsch machen. Gott hat mir geholfen, den Weg in die Stille zu gehen, in die Ruhe und ins Gebet.“ Alles im Leben habe seine Zeit.

Als sie neun Jahre alt war, kamen die Eltern von Maria de La Cruz  Barquero-Martin und ihre fünf Geschwister nach Deutschland, wo sie zwei Jahre lang bleiben und arbeiten wollten. Es kam anders, die Familie blieb. Nach der Schule zog Schwester Maria de La Cruz zu einer ihrer Schwestern nach Bonn. Sie wollte studieren, um Gemeindereferentin zu werden – und putzte Büros zur Finanzierung des Studiums. Täglich kam sie auf dem Weg zur Arbeit am dortigen Kloster Karmel vorbei – hielt inne, betete. „Als Spanierin ist mir der Karmel sehr nahe. Die Texte der Teresa von Ávila und des Johannes vom Kreuz habe ich bereits zur Schulzeit im Literaturunterricht kennengelernt“, berichtet sie. Zudem wuchs sie in einer gläubigen Familie auf.

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Mit 24 Jahren bat sie um Aufnahme und lebte erstmals als Novizin im Kloster. Sie möchte nicht viel über das Ende dieser ersten Jahre im Karmel sprechen. „Es war Gottes Fügung, dass es damals nicht geklappt hat. Ich war noch nicht bereit“, sagt sie heute. Eine Einschätzung, zu der sie damals jedoch nicht in der Lage gewesen sei, das Ausscheiden stürzte sie in eine tiefe Glaubenskrise. Ein Jahr lang ging sie in keine Kirche mehr, betete nicht mehr. „Ich wollte Gott beleidigen. Das war kindisch von mir, aber so verzweifelt war ich damals“, sagt Schwester Maria de La Cruz. Die Pläne, Gemeindereferentin zu werden, warf sie über Bord und begann eine Ausbildung in der Altenpflege, um eine praktische Basis für ein geplantes Studium der Gerontologie zu legen.

Eines Tages, es war der 8. Dezember, Mariä Empfängnis, fühlte sie sich plötzlich wieder in eine Kirche „hineingezogen“, in der gerade Gottesdienst gefeiert wurde. „Es fiel mir wie Schuppen von den Augen, und auch diese innere Kälte in mir verschwand. Mir wurde klar: Es ist nicht so gelaufen wie gewünscht, aber ich brauche nicht gegen Gott zu kämpfen.“ Als später das Kloster aufgelöst wurde und die Gemeinschaft mehrmals umzog, war ihr klar, dass diese Entwicklungen ihre zu dieser Zeit vorhandene innere Unruhe nur verschärft hätten. Heute sagt Schwester Maria de La Cruz: „Diese Erfahrung hat mich mehr zu Gott geführt, den Glauben vertieft.“

Eine Antwort auf die Frage, wohin Gott sie auf dem Weg des Lebens führt, war zunächst die Altenpflege. „Es war eine Bereicherung – in aller Hinsicht“, sagt Schwester Maria de La Cruz.  Der Umgang mit alten Menschen, das bewusste Wahrnehmen von Demenz und Gebrechlichkeit im Alter, habe dazu beigetragen, sich selbst besser kennenzulernen, reifen zu können, sich der eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden. „Ich habe gearbeitet – und zu Hause gebetet“, sagt sie. Den klar strukturierten Alltag mit festen Zeiten für Gebet und Andacht nahm sie sozusagen schon vorweg.

Das Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam empfinde sie nicht als Verlust von Freiheit. Im Gegenteil sogar. „Ich habe gut verdient, konnte mir alles leisten, konnte alles machen, hatte die Möglichkeiten. Aber ich brauche das alles nicht. Ich möchte wirklich frei sein, innerlich frei sein“, sagt Schwester Maria de La Cruz, die sich nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben dazu entschloss, beim Dürener Karmel anzuklopfen. „Für mich war trotz aller Zweifel, ob ich überhaupt aufgenommen werde, klar: Ich gehe jetzt diesen Weg“, spricht sie von einer ganz bewussten Entscheidung, der „einzig richtigen Entscheidung“.  
„Ich bin hier nicht alleine – oder für mich alleine“, sagt die Ordensfrau. „Ich bin mit der Gemeinschaft für Gott und die Menschen in der Welt da – als Stellvertreterinnen im Gebet.“ Schwester Maria de La Cruz betätigt sich zudem in der Buchbinderei des Klosters und hilft bei der Pflege der Kranken mit, schließlich verfügt sie über die notwendige Erfahrung und auch Qualifikation. „Auch wenn wir zurückgezogen von der Welt leben, sind wir Menschen, die diese Welt kennen“, sagt Schwester Maria de La Cruz.  

Kloster Karmel

Das Dürener Kloster trägt den Namen Karmel Heilige Familie und wurde 1903 errichtet. Die Gemeinschaft gehört zum Orden der Allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel, den Unbeschuhten Karmelitinnen (OCD). Bundesweit gibt es derzeit rund 250 Karmelitinnen, zur Gemeinschaft in Düren gehören 14 Schwestern, aktuell gibt es eine weitere Novizin. Der Karmel gehört zu den kontemplativen Orden, die Ordensschwestern leben in der Verborgenheit für Kirche und Welt in ständigem Wechsel von Gebet und Arbeit in der Stille.