Jugendverbände bieten Gemeinschaft. Das verbindet alle Organisationen für Kinder und Jugendliche. Bei katholischen Jugendverbänden kommt aber noch etwas hinzu: die Einladung, mit Gott und dem Glauben in Berührung und Beziehung zu gehen. Mehr dazu beispielhaft im Gespräch mit zwei Verantwortlichen der Pfadfinderinnenschaft St. Georg (PSG) im Bistum Aachen: der Diözesanvorsitzenden Theresa Krummen und der geistlichen Leiterin Sabine Kock.
In der Mitte Ihres Sommerlagers steht ein großes, selbstgebautes Kreuz. Wofür setzen Sie damit ein Zeichen?
Theresa Krummen Das Kreuz zeigt, dass wir als Jugendverband genauso Kirche sind wie ein Gotteshaus. Die PSG ist Kirche, nur anders als im landläufigen Verständnis, das sich um Gebäude dreht. Wir sind Kirche unterwegs, ganz wie Jesus es gesagt hat: Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Sabine Kock Das Kreuz zeigt außerdem, dass Spiritualität ein roter Faden in unserem Verbandsalltag ist. Ich vermute und sehe Gott in jedem Menschen. Das hat für uns Konsequenzen, wie wir miteinander umgehen. Gottes Orte sind vielfältig – und Jugendverbände wie die PSG sind ein solcher Ort Gottes.
Kirche verfügt über einen reichen Schatz an Symbolen und Ritualen. Welche erleben die Kinder und Jugendlichen bei Ihnen?
Theresa Krummen Ganz verschiedene. Die Kinder und Jugendlichen machen die Erfahrung, dass Symbole und Rituale ihre Wegbegleiter sein können. In der Frühe starten wir mit einem Morgenimpuls, der immer wieder Thema werden kann. Wir machen Tischgebete, oft sehr schwungvoll. Aktionen regen an, sich mit religiösen Fragen zu beschäftigen. Wir haben immer eine Spiri-Kiste dabei, mit Tüchern, Kerze, Bibel – allzeit bereit, auch für den spirituellen Einsatz. Und spiritueller Höhepunkt ist immer die gemeinsame Weg-Zeit, eine Wortgottesfeier, im Lager natürlich unter freiem Himmel.
Wie nehmen die Kinder und Jugendlichen das an? Wie offen sind sie dafür, sich auf spirituelle Angebote einzulassen?
Sabine Kock Das ist ganz unterschiedlich. Für viele Kinder und Jugendliche ist unser Verband die erste und die einzige Chance, mit Kirche in Berührung zu kommen. Gott kommt im Alltag ihrer Familien nicht vor, es wird nicht über Kirche gesprochen, das gemeindliche Angebot wird nicht wahrgenommen. Bei uns wird der Glaube auf eine altersgerechte Weise als Wegbegleiter angeboten, verknüpft mit der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen. Ich vergleiche das gerne mit einer Partnerschaftsvermittlung: Ob es funkt, haben wir nicht in der Hand. Aber wir stellen den Kontakt her. Manche brauchen Zeit, manchmal funkt es direkt und manchmal gar nicht.
Theresa Krummen Wir erleben das zum Beispiel bei den Morgenimpulsen. Das ist ein geistlicher Aufbruch in den Tag. Wir legen damit ein Wegzeichen für das, was kommt. Manche Kinder und Jugendliche tragen den Impuls den ganzen Tag mit sich herum. Und dann bricht es auf einmal aus ihnen heraus: Das hat was mit meinem Leben zu tun. Das ist die Frage, die mich beschäftigt. Daraus entfalten sich tolle Gespräche über das Leben, den Glauben, über Gott und die Welt. Das sind ganz kostbare Momente.
Wie lassen sich diese Erfahrungen verstetigen und vertiefen?
Theresa Krummen Ganz viel gewinnen wir dadurch, dass wir das nicht im kleinen Kreis austüfteln. Es gilt das pfadfinderische Prinzip: In der Gemeinschaft sind wir stark. Wir bereiten die genannten Dinge mit allen vor, die dafür Interesse zeigen. Wir haben dafür einen eigenen Spiri-Ausschuss. Die Escape-Jurte ist gemeinschaftlich geplant. Das Lagerkreuz haben wir zusammen gezimmert und aufgerichtet. Und das Geschehen bei Impulsen, zu Tisch und bei der Wortgottesfeier ist ohnehin von Gemeinschaft getragen.
Sabine Kock Besonders nachhaltig wirkt die spirituelle Dimension in der Arbeit mit unseren Leiterinnen und Leitern. Wer Verantwortung in der PSG übernimmt, setzt sich mit Glaubensfragen auseinander. Da bin ich als geistliche Leiterin besonders gefordert. Es überrascht, welche Erfahrungen wir teilen. In pfadfinderischen Zeichen entdecken wir religiöse Botschaften. Uns wird klar, wie pfadfinderisch Jesus war. Im Lagerfeuer sehen wir ein Bild für den Glauben an Gott. Jeder geht damit unterschiedlich um: Die einen setzen sich ganz nah davor, um sich zu wärmen. Die anderen halten lieber etwas Abstand, weil sie die unmittelbare Nähe als unangenehm oder ungewohnt empfinden. Und trotzdem: Die Gemeinschaft am Lagerfeuer ist möglich und zählt!
Das Gespräch führte Thomas Hohenschue