Als Kirche auffindbar bleiben

Die beiden Aachener Regionalteams blicken auf einen konstruktiven Austausch mit den Gemeinden zurück

Das Regionalteam Aachen-Stadt (v. l.): Walter Nett, Katrin Hohmann und Frank Hendriks. (c) Bistum Aachen/Martin Braun
Das Regionalteam Aachen-Stadt (v. l.): Walter Nett, Katrin Hohmann und Frank Hendriks.
Datum:
14. Nov. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 46/2023 | Andrea Thomas

Die Pastoralen Räume in den beiden Aachener Regionen haben eine Kontur bekommen. Nach den Gesprächen und Beratungen mit den GdG-Räten in den beiden Regionen und den jeweiligen Regionalpastoralräten liegen für Aachen-Stadt und Aachen-Land Vorschläge für jeweils sechs Pastorale Räume vor. Deren Grenzen festzulegen, gestaltete sich in der Stadt schwieriger als in der Landregion, wo die kommunalen Grenzen die Blaupause lieferten.

Bis auf „West-Nordwest“ und „Nordost/Eilendorf“ entsprechen die vorläufigen Pastoralen Räume in Aachen-Stadt den bisherigen GdG. (c) Bistum Aachen
Bis auf „West-Nordwest“ und „Nordost/Eilendorf“ entsprechen die vorläufigen Pastoralen Räume in Aachen-Stadt den bisherigen GdG.

Intensive Gespräche liegen hinter dem Regionalteam Aachen-Stadt: Katrin Hohmann, Walter Nett und Regionalvikar Frank Hendriks. Zu dem nun vorliegenden Vorschlag zu gelangen, war nicht immer ganz einfach. Vom Frühjahr an haben sie alle GdG-Räte besucht, zum Teil mit Vertretern oder dem gesamten Kirchenvorstand. Überall sei man skeptisch gewesen bezüglich des Zeitrahmens, berichtet das Team. Einige hätten schon im Dezember 2022 angefangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, andere seien erst im Frühjahr eingestiegen. Vielen sei auch nicht klar gewesen, dass es nur um ein Votum und noch nicht um die Umsetzung bis zum 1. Januar 2024 ging.

Viele Fragen waren offen, zu kirchen- und vermögensrechtlichen Themen oder zu zukünftigen Leitungsmodellen. „Gerade die vom Bistum immer noch nicht geklärten Fragen haben Unmut und Widerstand in den Räten erzeugt, sich auf das Verfahren motiviert einzulassen“, schildert das Team seine Erfahrungen. Deutlich sei auch geworden, dass die Räte sich mutig „an die Arbeit gemacht“ hätten, desto überzeugter die „Leitung“ der GdG davon gewesen sei und je mehr einzelne pastorale Mitarbeiter sich für diesen Prozess eingesetzt hätten. Da, wo der Prozess der Fusion 2010 ein anstrengender gewesen sei, sei die Bereitschaft, sich erneut auf einen solchen Prozess einzulassen, verhalten gewesen. „Insgesamt waren wir als Regionalteam aber positiv angetan, dass sich zuletzt doch alle auf den Weg gemacht haben, um bis zum Sommer zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen“, fasst Katrin Hohmann, pastorale Mitarbeiterin im Regionalteam, zusammen.

Nächste Station war der Regionalpastoralrat, der die Aufgabe hatte, aus den acht Voten, die kein kompatibles Gesamtbild ergeben hätten, und den daraus resultierenden Widersprüchen eine gute Lösung für die Region zu finden. „Insofern sind wir zu sechs Pastoralen Räumen gekommen, wobei davon nur zwei Pastorale Räume aus vormals zwei GdG (Aachen-West mit Nordwest und Aachen-Nord mit Ost/Eilendorf) gebildet werden. Die anderen Pastoralen Räume entsprechen den bisherigen GdG-Zuschnitten.“ Zum Teil würden die vorläufigen Zuschnitte der Pastoralen Räume als zu klein empfunden, weshalb der Wunsch besteht, bis 2028 weiter an zukunftsfähigen Lösungen miteinander zu arbeiten. Es sei jetzt der Zeitpunkt, wo alle GdG „über ihren Tellerrand“ hinausschauten und die Bereitschaft da sei sowie die Notwendigkeit, über weitere Optionen der Zusammenarbeit nachzudenken. Einen Prozess, den das Regionalteam forcieren und mitgestalten will.

Trotz des Ringens um Strukturen werde sich hier, so das Team, nicht die Zukunft von kirchlichem Leben entscheiden, sondern an den „Orten von Kirche“. Da, wo „der Glaube gelebt, gefeiert, verkündigt wird – oder eben auch nicht.“ Die Herausforderung sei, zu schauen, was diese Orte brauchten und von welchen Dingen man sich auch verabschieden müsse. Wie sich Ehrenamtliche gewinnen und gut begleiten ließen, Glaube auch in Zeiten schwindender Gewissheiten und Ressourcen lebendig erhalten werden könne. 

Aachen-Land: Eine Stadt, ein Raum

Das Regionalteam Aachen-Land: Hannokarl Weishaupt, Erdmute Söndgen und Annette Jantzen. (c) Bistum Aachen/Martin Braun
Das Regionalteam Aachen-Land: Hannokarl Weishaupt, Erdmute Söndgen und Annette Jantzen.

Auch in Aachen-Land war der Gesprächsbedarf der GdG-Räte und Kirchenvorstände groß, gab es viele Fragen und Unsicherheiten. Wie das Team in Aachen, besuchte auch hier das Regionalteam, Annette Jantzen, Erdmute Söndgen und Regionalvikar Hannokarl Weishaupt, alle GdG-Räte, um über den Prozess zu informieren und ihre Vorschläge für die Pastoralen Räume vorzustellen. Ergänzend dazu waren an zwei Terminen Kirchenvorstände zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, bei der ihre Fragen behandelt wurden. Mancher Punkt hat sich auch hier nicht abschließend klären lassen, weil er einfach noch nicht klar sei, doch ist das Team mit dem Verlauf der Gespräche insgesamt sehr zufrieden. Überall sei unstrittig gewesen, dass die Kirche vor Ort sich für die Zukunft neu aufstellen müsse und verlässliche Strukturen geschaffen werden müssten.

Wie die zukünftig aussehen, sprich die Pastoralen Räume zugeschnitten sein sollen, war in Aachen-Land leichter zu klären. Hier bietet sich die Formel „Eine Kommune, ein pastoraler Raum“ an, knüpft sie doch an die ehemaligen Dekanate an, eine Bezugsgröße, die vielen in den Gemeinden noch vertraut ist. „Bei aller bestehenden Freiheit war unser dahingehender Vorschlag schnell akzeptiert. Größere kontroverse Diskussionen blieben aus“, fasst es Regionalvikar Hannokarl Weishaupt zusammen. „Wir müssen in der Pastoral sorgen, dass wir auffindbar bleiben. Als Kirche da zu sein, wo Menschen sich verorten“, ergänzt Annette Jantzen. Und das sei für die meisten Menschen die Stadt, in der sie lebten.

Was ebenfalls für diese Lösung spricht: in Würselen und Baesweiler deckt die Pfarrei bereits das Stadtgebiet weitgehend ab, in Alsdorf haben die beiden Pfarreien bereits ein gemeinsames Pastoralteam und arbeiten eng zusammen, ebenso wie in Eschweiler, wo es eine Pastoralkonferenz und seit dem Sommer auch einen Rat für die ganze Stadt gibt. In Stolberg und Herzogenrath, wo sich bislang eigenständige GdG neu zusammenfinden müssen, sieht das Regionalteam alle Beteiligten auf einem guten Weg. Dabei will das Team die Gremien vor Ort weiter begleiten, entweder selbst oder mit der Unterstützung von Fachleuten aus dem Bistum. Wichtig sei, konkrete Hilfen anzubieten, niemand mit seinen Fragen allein zu lassen.

In der Region Aachen-Land orientieren sich die vorläufigen Pastoralen Räume an den kommunalen Strukturen. (c) Bistum Aachen
In der Region Aachen-Land orientieren sich die vorläufigen Pastoralen Räume an den kommunalen Strukturen.

Der nächste Schritt ist die Ausgestaltung der Pastoralen Räume. Darauf freut sich das Team, wenn es endlich nicht mehr nur um Strukturen gehe, sondern um inhaltliche Fragen und um das, was lebendige Kirche vor Ort ausmache. Was sind Orte von Kirche? Was gibt es schon in den Pastoralen Räumen? Wo gibt es Schnittpunkte und wo kann Zusammenarbeit und Austausch entstehen? Wer engagiert sich oder ist dazu bereit, und wie können Ehrenamtliche unterstützt und ermutigt werden? Das seien spannende Fragen und Herausforderungen, die über die strukturellen Fragen zuletzt etwas in den Hintergrund getreten seien.

Eine Herausforderung sieht das Team noch in der Frage der neuen Pfarrei beziehungsweise der Pfarreien und in der „fehlenden Mitte“ der Region. Innerhalb der Städteregion sei Aachen das Zentrum, auf das hin die Region sich ausrichte, was aber für die Bistumsregion wegfällt. Einen gemeinsamen Ort, zu dem hin sich Baesweiler, Alsdorfer, 
Herzogenrather, Würselener, Esch-weiler und Stolberger orientierten, gebe es da nicht. Eine Pfarrei für eine Region funktioniert daher in den Augen des Teams nicht. „Wir müssen schauen, wo sich die Menschen in der Region sehen“, sagt Hannokarl Weishaupt. Vorstellbar sei mehr als eine Pfarrei für die Region, zum Beispiel eine für den Norden und eine für den Süden. Hier eine gute Lösung zu finden, ist eine der ab Januar anstehenden Aufgaben.