Als Frau im Männerclub

Ute Lindemann-Degen tritt bei der Karnevalsgesellschaft „Creinvelt“ auf

Ute Lindemann-Degen gehört zur Plattform „Creinvelt und Freunde“ der Karnevalsgesellschaft „Creinvelt“ und tritt bei ihrem Bühnenprogramm auf. Für den Präsidenten Georg Rupp war der Schritt „überfällig.“ (c) Dirk Jochmann
Ute Lindemann-Degen gehört zur Plattform „Creinvelt und Freunde“ der Karnevalsgesellschaft „Creinvelt“ und tritt bei ihrem Bühnenprogramm auf. Für den Präsidenten Georg Rupp war der Schritt „überfällig.“
Datum:
28. Feb. 2025
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 09/2025 | Chrismie Fehrmann

Bei Ute Lindemann-Degen stehen die oft zitierten 3 K für Kirche, Kabarett und Karneval. Mit den ersten beiden Teilen der Alliteration ist sie schon länger unterwegs. Jetzt, in der närrischen Zeit, bricht sie in eine Krefelder Männerdomäne ein. Die traditionsreiche Gesellschaft Creinvelt, die ihr Programm stets unter das Motto: „Kabarett im Karneval“ stellt, holt sich zwei Jahre vor ihrem 100. Geburtstag in 2027 mit Lindemann-Degen erstmals eine Frau auf die Bühne. Die 67-Jährige leistet im Herrenclub weibliche Pionierarbeit. Sie ist im Bistum keine Unbekannte.

Doch von Anfang an: Ute Lindemann stammt aus Bochum, also aus dem tiefen Ruhrgebiet. „In Essen bin ich groß geworden und habe auf Lehramt studiert und in Deutsch und Erziehungswissenschaften abgeschlossen“, erzählt sie. „In einem Literaturcafé lernte ich meinen verstorbenen Mann Udo Degen kennen und zog mit ihm nach Krefeld.“

Dass sie sich zwischenzeitlich in Essen an der Folkwang Uni, Studiengang Schauspiel, beworben hat und nicht genommen wurde, sei’s drum. Doch der Unterricht an einem Krefelder Gymnasium, das merkte sie schnell, war „nicht ganz das Richtige“ für sie.
„Ich widmete mich dann der kirchlichen Erwachsenenbildung im katholischen Forum Krefeld-Viersen, war 25 Jahre als Fachbereichsleiterin tätig. In dieser Zeit gründete ich mit meiner Partnerin Helga Klingbeil-Weber das FKK, das „Frauen-Kabarett-Krefeld“, erzählt die Oppumerin. Der damalige Regionalstellen-Leiter sei über den Namen nicht erfreut gewesen, erzählt sie weiter. Doch die beiden Frauen blieben dabei.

„Unser Start erfolgte auf einer Veranstaltung des Bistums Aachen. Wir sind als Ruhrgebiets-Putzfrauen aufgetreten und agierten unter dem Titel: ,Uns fragt ja keiner‘.“ Ihre Partnerin fand stets Themen ohne Ende für die Bühne, Lindemann-Degen hat sie als Germanistin locker, leicht in Worte gefasst. Als das Kirchliche Immobilien Management akut wurde, sangen sie zur Schlager-Melodie: „Ich brauche keine Millionen“ nun: „Mir fehlen 30 Millionen“.

Das habe alles so gut funktioniert, dass viele kirchliche Einrichtungen angeklopft hätten. „Wir widmeten uns Frauenthemen, haben über die Männer gelästert, traten – nicht zuletzt bei Kirchen- und internationalen Frauentagen – mit gesellschaftspolitischen Themen auf. Stets schnitten wir den zweiten Teil unseres Programms auf die Einrichtung zu, bei der wir auf der Bühne standen. Das war in zwanzig Jahren unser Alleinstellungsmerkmal.“
Das erste Solo-Abendprogramm gestalteten sie im Auftrag des früheren Krefelder Caritas-Chefs Hans-Georg Liegener. „Es war eine Benefizveranstaltung für die Begegnungsstätte für Alleinerziehende. Doppeldeutiger Titel: ,Wir geben alles‘.“ 2022 fand unsere Abschiedstournee statt. Es war Corona-Zeit.“

Lindemann-Degen hat die Bühne jedoch immer vermisst. „Als Bildungsreferentin stand ich zwar auch immer vorne, aber anders.“ Deshalb hat sie sich beim jüngsten Oppumer Kleinkunstfestival eingebracht. Dort saßen auch die „Pink Propellers“ die singende Männertruppe von Creinvelt im Publikum, und sprachen sie umgehend und unkompliziert an. Sie sagten: „Wir hätten da eine Idee.“

Das erste „Beschnuppern“ fand am Brauchtumstag statt. Dabei gab es für die Herren die Smoking-Probe, um zu testen, ob der feine Zwirn nicht während des Sommers geschrumpft sein könnte. . .“ Die Neue kam im Kleinen Schwarzen.
Als erste Frau im Männerclub habe sie sich sofort wohl gefühlt, erzählt sie. „Ich musste nicht lange überlegen.“ Über die Männer lästert sie bei ihrem ersten Auftritt hingegen wohlweislich nicht. „Ich habe zur Premiere die Leerstände in Krefelds City zum Thema meiner Rede gemacht“, verrät sie.

Creinvelt-Präsident Georg Rupp sagt: „Wir müssen drei Rücktritte im Ensemble verkraften. Alleine mit Männern können wir das Programm nicht mehr gestalten. Sie haben bisher ja auch die Frauenrollen bekleidet. Dass wir jetzt mit Regeln brechen, ist längst überfällig.“
Zur neu gegründeten Plattform innerhalb der Gesellschaft: „Creinvelt und Freunde“, gehört nun Lindemann-Degen. Rupp: „Ute ist passgenau, zumal wir auch stets etwas ,Oppum-lastig‘ sind. Diese Neuerung sei ein erster Schritt, sagt Georg Rupp. Denn: Noch sind die Vereinsmitglieder männlich, bleiben die Creinvelter eine reine Männergesellschaft.  
Über das Programm der „Neuen“ über die Leerstände können die Creinvelter nicht meckern: „Ich mache Vorschläge, was in den leeren Räumen untergebracht werden könnte: Im Kaufhaus ,rent a man‘, um Männer zu leasen. Arztpraxen für politische Krankheiten:  Höcker verursacht Brechreiz, Merz Migräne, Lindner einen Hörsturz, Scholz das fatigue-Syndrom . . .“

Damit findet sie sich prima in der „Gesellschaft zur Pflege, Förderung und Verbreitung vaterstädtischen Brauchtums“, den Creinveltern, ein.
Den Ruhestand genießen und die Hände in den Schoß legen, ist für Ute Lindemann-Degen auch in anderer Hinsicht keine Option. Sie ist für das Bistum Aachen als Schulungs-Referentin zum Thema „Prävention sexualisierte Gewalt“ unterwegs und qualifiziert Personen für die Kinder-Tagespflege.