Aktives Christsein oder Fusion?

Erneut ändern sich die Strukturen im Bistum Aachen. Mechernicher Katholiken sollen mitentscheiden dürfen

Auf Augenhöhe im Gespräch über die Zukunft der Kirche vor Ort (v. r.): Franz Esser, Berti Jannes, Gerda Schilles, Thomas Wolfgarten, Marco Sistig, Pfarrer Erik Pühringer und Marita Wetzel. (c) Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Auf Augenhöhe im Gespräch über die Zukunft der Kirche vor Ort (v. r.): Franz Esser, Berti Jannes, Gerda Schilles, Thomas Wolfgarten, Marco Sistig, Pfarrer Erik Pühringer und Marita Wetzel.
Datum:
26. Jan. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2022 | Manfred Lang

Wie sieht die Zukunft der Kirche am Bleiberg aus? Werden die vielen einzelnen Pfarreien im Stadtgebiet Mechernich „überleben“? Oder wird das zu zwei Bistümern gehörende Gebiet dieser Kommune in Zukunft von größer und größer werdenden kirchlichen Einheiten überzogen?

Die Menschen verlieren zunehmend den Überblick im Gewirr der „Pfarreien“ „Gemeinden“, „Seelsorgebereiche“, „Kirchengemeindeverbände“, „Gemeinschaften der Gemeinden“, „Kreisdekanate“ und „Bistumsregionen“, denn zu allem Überfluss haben die organisatorischen Gebilde auch noch im zum Erzbistum Köln gehörenden nördlichen Teil der Stadt andere Namen als im größeren südlichen Gebiet von Mechernich, das zum Bistum Aachen gehört.

Im letzteren Aachener Teil der Stadt hatte Pfarrer Erik Pühringer in der Gemeinschaft der Gemeinden St. Barbara erstmals zu einer Vollversammlung der Gemeinschaft der Gemeinden St. Barbara in die Mechernicher Pfarrkirche St. Johannes Baptist eingeladen. 28 von mehreren Tausend Katholiken kamen und beteiligten sich am Meinungsbildungsprozess, wie die Zukunft der Kirche von Aachen aussehen könnte.

„Weiterentwicklung pastoraler Räume“ nennt sich der Komplex in dem von Bischof Helmut Dieser vor Jahren angestoßenen Heute-bei-dir-Prozess, in dem der neue Pontifex zunächst die Vision einer „Geh-hin-Kirche“ beschrieb, die sich den Menschen zuwendet wie Jesus einst dem Sünder Lazarus und sich an den Bedürfnissen und Erwartungen der Gläubigen orientiert.

Wie groß muss die Gemeinde sein?

Skeptiker machten schon damals in der euphorischen Startphase des kirchlichen Erneuerungsprozesses das Ende der traditionellen Pfarreien und Strukturen aus. Tatsächlich gehe es jetzt um die Frage, „wie groß zukünftig die Pfarrei sein soll, die lebensfähig ist“, offenbarte GdG-Leiter Pfarrer Erik Pühringer seinen Schäflein vor der Kirchenversammlung.
Er stellte den Gläubigen in der Pfarrkirche drei Modelle zur Diskussion.

Modell 1: „Die bisherigen Pfarreien bleiben, die GdG wird größer“: Im Vergleich zur derzeitigen Situation ändert sich nur die Größe der GdG. Die Pfarreien als kleinste Ebene haben keinen eigenen Pfarrer mehr. Sie können selbstständig bestehen bleiben, „insoweit sich hierfür ehrenamtliches Engagement findet“. Pühringer: „In ihnen können eigenständig Aktionen gestaltet werden oder kann die Gestaltung durch die größere GdG gefördert werden. Wenn die Pfarrei keine pastorale Verantwortung mehr tragen kann, kommt es zu Fusionen.“

Modell 2: „Anstelle der GdG tritt eine neue Pfarrei mit 40000 bis 55000 Katholiken – in der Eifel soll die Zahl geringer ausfallen. Der Zuschnitt kann an kommunalen Grenzen oder am Sozialraum ausgerichtet werden.“ Dazu sei aber dann eine Fusion nötig. Die bisherigen Pfarreien könnten zu Gemeinden werden, die durch Unterausschüsse des Pfarreirates und des Kirchenvorstands in der Pfarrei vertreten sein können.

Nur acht Pfarreien im ganzen Bistum?

Modell 3 sieht die Gründung von nur noch acht Pfarreien im ganzen Bistum vor (statt der derzeit acht „Regionen“), in denen die jetzigen Gemeinschaften der Gemeinden als Kirchengemeinden existieren. Auf Pfarreiebene würde auch das hauptamtliche Personal beschäftigt und den Kirchengemeinden zugeordnet. In den neuen Kirchengemeinden (sie entsprächen den jetzigen Kirchengemeindeverbänden) würden die pastoralen Aktionen geplant und das Vermögen verwaltet.

„Es wird sich für uns in Mechernich einiges verändern und auch ändern müssen“, sagte Pfarrer Erik Pühringer den vorläufig letzten aktiven Laien, die zur Kirchenversammlung nach Mechernich gekommen waren. Von den verbliebenen „aktiven“ Christen erwartet das Bistum Mitarbeit und Engagement für den Fortbestand ihrer Gemeinden – andernfalls droht die Fusion, der zwangsweise Zusammenschluss oder auch vermögensmäßige Anschluss an andere Gemeinden.

Man erwartet, dass „genügend ehrenamtliches Engagement vorhanden ist“, machte Pfarrer Pühringer deutlich. „Es existiert eine Gruppe von Christinnen und Christen, die vor Ort eine Gemeinschaft bilden … Die Anbindung an den pastoralen Raum ist transparent und verlässlich … Das sind Kriterien, die wir (in Mechernich) aktuell nur sehr bedingt erfüllen würden.“

Wegen der coronabedingten Pande-miebeschränkungen wurde bei der Kirchenversammlung in St. Johannes Baptist nicht im Plenum diskutiert. Pfarrer Erik Pühringer regte die Bildung von Arbeitsgruppen an, deren Besetzung im Rotationsverfahren regelmäßig wechselt.