21 Orgeln, 1000 Konzerte

„Ohne Bach“ geht bei Andreas Warler, Kirchenmusiker der GdG Hellenthal-Schleiden, „nichts“

Andreas Warler  am Spieltisch der Orgel in der Schlosskirche Schleiden. (c) Andreas Drouve
Andreas Warler  am Spieltisch der Orgel in der Schlosskirche Schleiden.
Datum:
8. Sep. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 36/201 | Andreas Drouve

Er ist Orgelprofi mit Leib und Seele: Andreas Warler, 55, ein „Eifeler Jung“, wie er sagt, gebürtig aus Baasem. Ursprünglich wollte er Priester werden, doch dann fand er als Kirchenmusiker und Konzertorganist seine Erfüllung. Zum „Tag der Orgel“ ein neuer Teil der Serie zum „Instrument des Jahres“.

Er rauscht jede Woche 500 Kilometer durch die Eifel und spielt als Kirchenmusiker der Gemeinschaft der Gemeinden Hellenthal-Schleiden auf insgesamt 21 Orgeln. Beim Anspruch an das liturgische Orgelspiel legt Andreas Warler für sich selbst die Messlatte hoch: „Es muss so sein, dass die Menschen begeistert mitsingen können und frohen Herzens den Gottesdienst verlassen. Bei mir soll keiner rausgehen, der sagt: ,Ach, was war das alles langweilig und trist.‘“

Plattenkauf als Auslöser

Die Orgel in der Schlosskirche Schleiden. (c) Andreas Drouve
Die Orgel in der Schlosskirche Schleiden.

Warler begann autodidaktisch, als er in Steinfeld in die Sexta ging. Er erinnert sich an die Initialzündung: „Damals wurde die Orgel restauriert und eine Schallplatte eingespielt, um dafür Gelder locker zu machen. Die Platte kaufte ich mir als Elfjähriger. Die Stücke, die da drauf waren, faszinierten mich so, dass ich sagte: Die will ich auch spielen können.“ Zunächst probierte er das Klavier seines Onkels aus, „um die Töne zu finden“. Schwester Roswitha brachte ihm das Notenlesen bei, der Vater kaufte ihm eine elektronische Kirchenorgel. Warler übte oft drei Stunden täglich, das Instrument stand im Wohnzimmer. Störte das nicht den Rest der Familie? „Mag sein, aber sie haben es nie gesagt“, antwortet er und setzt schmunzelnd hinzu: „Ich weiß aber noch, dass Roswitha einen Freund hatte und mit ihm vielleicht Zeit auf dem Sofa verbringen wollte. Da haben wir Zeiten ausgemacht, zu denen ich spielen durfte.“

Später, beim Theologiestudium in Passau, entdeckte Domorganist Walther R. Schuster die Begabung Warlers. Er förderte ihn mit Privatunterricht und ließ ihn bei Gottesdiensten im Dom an einer der größten Kirchenorgeln der Welt spielen. Das war „ein Riesenvertrauen“, sagt Warler. Eigentlich wollte er Priester werden, bis ihn Schuster animierte, Kirchenmusik zu studieren. Warler spürte zwei Herzen in seiner Brust schlagen: „Wie soll das aussehen? Ich kann nicht am Altar stehen und gleichzeitig an der Orgel.“ Letztlich entschloss er sich zum Abbruch des Theologie- und zur Aufnahme des Kirchenmusikstudiums in Aachen. Zeitgleich wurde er Organist in der Basilika Steinfeld, was er bis 2019 blieb. Die Faszination für das Orgelspiel drückt er so aus: „Der orchestrale Klang, die Harmonien, die Vielseitigkeit. Es hat mich immer begeistert, eine Gemeinde zu begleiten und Kirchenlieder so zu spielen, dass die Menschen Freude haben, mitzusingen.“
Warler hat auch CDs eingespielt und Konzerte gegeben. „Ich habe nie genau Buch darüber geführt, aber es müssen in all den Jahren tausend Konzerte gewesen sein“, kalkuliert er. Dabei verschlug es ihn quer durch Deutschland, nach Österreich und Italien. Er spielte in Schweden, den USA, auf einem Orgelfestival in Litauen. Bei seinen Auftritten als Konzertorganist hat er vieles erlebt bis hin zu Temperaturunterschieden: „In Kirchen skandinavischer Länder schwitzt man sich zu Tode, auch in Islands Hauptstadt Reykjavik war die Hallgrimskirche auf 25 Grad geheizt. Umgekehrt erinnere ich mich an ein Konzert in Mittenwald. Es gab einen Wintereinbruch Ende März und keine Heizung in der Kirche. Mein Thermometer am Spieltisch zeigte drei Grad an. Das Konzert spielte ich in zwei Hosen, zwei Pullovern, in dickem Parka, Mütze, Schal und Handschuhen.“ Treu zur Seite habe ihm stets Johann Sebastian Bach gestanden: „Ohne Bach geht bei mir nichts.“

Kleine Wundertasche

Orgel-Stillleben mit Tablet – das gehört für Andreas Warler heute dazu. (c) Andreas Drouve
Orgel-Stillleben mit Tablet – das gehört für Andreas Warler heute dazu.

In der Schlosskirche Schleiden genießt er am Spieltisch den Luxus einer beheizten Sitzbank. Die Orgel ist für ihn „ein beeindruckendes Zeugnis rheinischer Baukunst der Barockzeit“. Die Pfeifen stammen originalgetreu aus dem 18. Jahrhundert, die Holzschnitzereien sind echte Hingucker. Den Klang beurteilt er als „strahlend, flockig-leicht, kein schwerer Barock wie in Steinfeld“. Dabei hat Warler seine kleine „Wundertasche“. Ein Tablet voller Noten steckt drin, dazu ein Pen, um die Noten reinzuschreiben. Und Handschuhe, bei denen die Finger frei bleiben, selbst gemacht von seiner Frau Almuth: „Die Finger müssen ja spielen, aber die Hand soll warm bleiben, vor allem im Pulsbereich.“

Daheim übt Warler auf seiner digitalen Orgel mit drei Manualen und 50 Registern. Mangels schallisoliertem Raum gibt es für Gemahlin Almuth kein Entrinnen. „Sie hört mir gerne zu“, ist sich Warler sicher und lacht, „manchmal sagt sie sogar: ,Üb noch mal was, ich will mehr hören.‘“