Vertontes Krisengefühl

Mit Musikprojekt ein Stück Zeit der sozialen Distanz überwinden

Dreimal täglich digitaler Musik-Unterricht. (c) Ursula Hakes
Dreimal täglich digitaler Musik-Unterricht.
Datum:
27. Apr. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2020 | Ursula Hakes

Vier Tage lang dauerte das Musikprojekt für Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, das die katholische Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Casablanca in Kooperation mit der evangelischen Jugendeinrichtung Kagawa, dem Unternehmen „Freigesprochen Mediencoaching“, dem Kulturbüro der Stadt Krefeld und dem Kulturrucksack NRW angeboten hat. Der Titel: „Songs in real life“. 

Ursula Hakes hatte zum Musikprojekt eingeladen. (c) privat
Ursula Hakes hatte zum Musikprojekt eingeladen.

Das Ziel war es, kurze Musikclips zu gängigen Songs von den Kindern mit ihren eigenen (Alltags-)Themen neu einsingen zu lassen. Ursprünglich als Projekt in der Einrichtung Casablanca geplant, wurde das Format durch die Einschränkungen der Corona-Krise von den Dozenten Philipp Kersting, Marco Rentrop und Sunny Bansemer in kürzester Zeit so umstrukturiert, dass alle Kinder und Jugendlichen von zu Hause aus arbeiten konnten. Einzige Voraussetzungen waren WLAN und ein Smartphone oder der Computer der Eltern. Dreimal täglich trafen sich die sieben Mädchen und Jungen auf der angegebenen Online-Plattform.

Die Technik wurde erklärt, Songs ausgewählt, getextet und offene Fragen geklärt. Für nötige Absprachen untereinander konnten sich die Kinder in den dafür eigens eingerichteten virtuellen Räumen treffen. Leicht verständliche Tutorials (gefilmte Übungseinheiten), die auf der Internetseite bereitgestellt wurden, erklärten genau, wie die Kinder ihren Gesang selbst aufnehmen und wie sie sich später selbst filmen konnten. Grundlagen der Filmtechnik (Immer im Querformat filmen!) zählten ebenso dazu wie die Anleitung für einen Stativ-Ersatz. Denn das Ergebnis sollte möglichst professionell ausfallen. Über einen kostenfreien Anbieter konnten die Filmsequenzen auch in hochaufgelöster Qualität an den Dozenten versendet werden, der nun für den Schnitt zuständig war. Er zauberte als Profi mit dem abgelieferten Material vier außergewöhnliche Songs. Das Thema aller entstandenen Musikstücke hatte mit Corona zu tun. „Wie hat sich die veränderte Situation auf Euer Leben ausgewirkt? Was für Gedanken beschäftigen Euch?“, waren Fragen, die am Anfang gestellt wurden.

Entstanden sind vier sehr unterschiedliche Clips, die neben nachdenklichen Momenten bei einigen sicher auch für eine Gänsehaut oder ein Lächeln sorgen werden. Anders als bei diesem Workshop sonst üblich waren die Kinder damit viel mehr in der Verantwortung. Alle Aufnahmen – musikalisch wie filmisch – wurden letztendlich von den Kindern allein oder mit Hilfe der im selben Haushalt lebenden Personen gedreht. Die so entstandenen Filmsets waren verblüffend vielfältig. Der Lerneffekt durch diese Herangehensweise war immens. Nach den vier Tagen hatten alle viel dazu gelernt in den Bereichen Medien, Ton- und Filmaufnahmen, Set-Gestaltung und Gesprächskultur. Die Disziplin bei den Videomeetings beispielsweise war hervorragend.

Bis zur Fertigstellung wird es allerdings noch eine Weile brauchen. Aber dann wird das Echo sicher überwältigend sein. Die Nachwuchsmusiker waren ausnahmslos begeistert. Es war eine willkommene Abwechslung in einer Zeit der sozialen Distanz. Auch wenn alle die Zeit herbeisehnen, in der wieder ein unbeschwertes Treffen möglich ist: Die Zusammenarbeit in diesem Workshop war so intensiv und das Erleben der Begegnungen so emotional, dass es Momente gab, in denen das Thema Corona nicht zu existieren schien.