Retten ist Dauerzustand

25 Jahre Engagement: Wie aus einer baufälligen Kapelle ein Multifunktionsraum wurde

(c) Sonja Neukirchen
Datum:
7. Juni 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 23/2023 | Sonja Neukirchen

Mit einem Erfolgskonzept der kleinen Schritte hat der Förderverein „Rettet die Alte Kirche Körrenzig e.V“ das kleine Gotteshaus in eine jetzt komplett sanierte offene Einrichtung verwandelt, die ein überregional bekanntes Kulturprogramm bietet und zum kommunikativen Zentrum des Dorfes geworden ist. 

Ein Triumvirat für die Alte Kirche (v. l.): Wolfram Höfling, Pfarrer Stefan Bäuerle und Manfred  Vieten. (c) Sonja Neukirchen
Ein Triumvirat für die Alte Kirche (v. l.): Wolfram Höfling, Pfarrer Stefan Bäuerle und Manfred Vieten.

Aus der Not eine Tugend zu machen – das ist dem Verein „Rettet die Alte Kirche Körrenzig e.V.“ gelungen: Pünktlich zum Vereinsjubiläum kann der Förderverein der  Pfarrei St. Peter stolz die nun vorläufige „Vollendung“ der Arbeit verkünden. Das erfolgreiche Kulturprogramm, das jetzt wieder in die Saison gestartet ist, ist dabei nur die eine Säule der erfolgreichen Verwandlung der Alten Kirche von einem Sanierungsfall in einen modernen, hellen und offenen Multifunktionsraum: Hier werden auch Feste und Events gefeiert, erklärt Wolfram Höfling vom Förderverein. Es gebe dort „jede Menge Begegnung“, freut sich Pfarrer Stefan Bäuerle. So gebe es einen regelmäßigen „Klönabend“ auch der jüngeren Generation, Russen und Ukrainer kämen dort zusammen, und auch der Kindergarten habe die Kirche schon genutzt, die Zielgruppe der Zukunft.

Es sei eine „lebendige Tradition“ entstanden, die sich besonders an die Alte Kirche anknüpfe und die der „Riesentempel aus den 60er Jahren“, die Hauptkirche der Kirchengemeinde St. Peter, so nicht bieten könne, erläutert Pfarrer Bäuerle die Erfolgsgeschichte der Alten Kirche als sogenannter Zweitkirche. Gerade viele jungen Leute erinnerten sich: „Schon meine Eltern wurden ja hier getauft. Jetzt lassen wir unser Kind auch hier taufen.“ So entstünden „lebendige Traditionen“.

Die lange Jahrzehnte währende Sanierung, in die auch die Handwerker des Dorfes eingebunden waren, hätte außerdem ein hohes Identifikationspotenzial im Dorf geschaffen, stellt Höfling fest. Es gebe in der Bevölkerung die Erkenntnis: Das, was entstanden ist, sei gut fürs Dorf, erzählt Fördervereinsvorsitzender Manfred Vieten. Eine rein liturgische Nutzung sei kaum noch möglich, erläutert Höfling das zukunftsfähige Gesamtkonzept der Alten Kirche. Von Mai bis Oktober finden neben liturgischen Feiern seit nun 17 Jahren Kulturveranstaltungen in Regie des Fördervereins statt, finanziert über Sponsoren, Spenden und Mitgliedsbeiträge. Im Winter werde die Kirche mangels Heizung nicht genutzt – ein Tribut an die Kosten.

Natürlich habe es ein paar Diskussionen mit dem Kirchenvorstand über die Innenraumgestaltung gegeben, erläutert Höfling. „Auf solche Auseinandersetzungen muss man vorbereitet sein und sie offen führen.“ Die Kirchenvorstandsmitglieder hätten zunächst ihre alte „barockisierte“ Kirche wiederhaben wollen. Entstanden sei ein Kompromiss mit multi- funktioneller Gestaltung wie einer herausnehmbaren Bestuhlung für wechselnde Einsatzzwecke.

Vom Kirchenerhalt zur Kulturkirche

Ein Schaukasten verweist auf die Schützenbruderschaft und den heiligen Antonius. (c) Sonja Neukirchen
Ein Schaukasten verweist auf die Schützenbruderschaft und den heiligen Antonius.

Doch am Anfang war die Kirche in trostlosem Zustand: „Es hat gewackelt im wahrsten Sinne des Wortes“ – so beschreibt Bäuerle die Kirche vor der Sanierung. Fast wäre sie abgerissen und an ihrer Stelle ein Parkplatz gebaut worden.

Die Alte Pfarrkirche St. Peter im Ortsteil Körrenzig der Stadt Linnich war im Jahre 1029 erstmals urkundlich erwähnt worden. Bis zur Einweihung der neuen Pfarrkirche im Jahr 1962 sei sie das zentrale Gotteshaus der Pfarrei gewesen, musste später aber aufgrund von Baufälligkeit geschlossen werden. Der Kirchenvorstand trieb voran, dass die Alte Kirche nebst Umfassungsmauer und später Kirchhof als Bodendenkmal eingetragen wurde. Entsprechende Finanzmittel flossen mit in die Sanierung ein.

Doch erste Gelder flossen aufgrund einer glücklichen Fügung: Nach intensiven Verhandlungen zwischen der Pfarrei Körrenzig, dem Bistum Aachen und RWE Power 1998 erklärte sich RWE bereit, zumindest die Standsicherheit der Alten Kirche wiederherzustellen. Dass das teurer als geplant wurde, war am Ende von Nutzen: Die Summe im „unteren sechsstelligen Bereich“ war von RWE nicht zweckgebunden und damit Geld vorhanden für eine Kernsanierung, erläutert Vieten. Mittel von der Kirche gab es nicht, da die Alte Kirche Zweitkirche ist.

1998 gründete sich dann auch gleich der Förderverein, und der fand einen klugen Weg, die Sanierungen Stück für Stück voranzutreiben: Im September 2005 gab es eine Wiedereröffnungsfeier; ein Jahr später hob der Förderverein das „Kulturprogramm Alte Kirche“ aus der Taufe. Alle Feste seien von der Bevölkerung mitfinanziert worden, und völlig unerwartet habe auch das Gesamtkonzept des Künstlers Hubert Spierling aus Krefeld umgesetzt werden können, dessen Ensemble aus drei Buntglasfenstern zügig eingesetzt worden sei – ein unerwartetes Highlight der Sanierung.

Als „Kulturraum Alte Kirche“ bestand – nach mehreren Sanierungsschritten – für das letzte Sanierungsprojekt dann die Möglichkeit, sogenannte Leader-Fördergelder zu beantragen. Die dazu notwendigen Eigenmittel kamen von der Pfarrei und dem Förderverein zu gleichen Teilen. So konnten endlich die ebenfalls denkmalgeschützte und 145 Meter lange Umfassungsmauer aus dem 17. Jahrhundert und die Fläche darin saniert werden.

Wie lautet die Bilanz des Fördervereins nach gut und gerne 4000 investierten Arbeitsstunden? In jedem Fall, dass die Strategie gestimmt habe: „Der Verein hatte keine Mittel. Da haben wir mit kleineren Werken begonnen in Eigenbeteiligung. So konnten erste Ergebnisse für weitere Finanzierungsanträge präsentiert werden“, erklärt Vieten. 
Wie es nun nach der Vollendung des Projekts mit dem Förderverein weitergehe? Erhaltung und Nutzung gehöre ja zu den Vereinsstatuten, weiß Höfling. „Das Retten ist ein Dauerzustand“, blickt er in die Zukunft. Insgesamt, so sind sich die langgedienten Fördervereinsmitglieder der ersten Stunde wohl einig, müssten jetzt aber auch mal jüngere Leute ran.   

Mehr unter www.altekirche-koerrenzig.de

Info

Mit einem Familienfest am 11. Juni startet der Festreigen zum Jubiläum. 
Die Kölner Vocalsolisten sind am 14. Juli ab 19.30 Uhr mit Gesängen über die „Elemente“ zu Gast. 
Unter dem Leitwort „Gesang der Geister über den Wassern“ findet vom 18. bis 27. August eine Kunstausstellung des Malers Dieter Laue (Köln) statt. 
Die Marienoktav wird vom 8. bis 15. September begangen. 
Gottesdienste werden in der Regel dienstags um 18 Uhr gefeiert.

25 Jahre Kulturkirche Alte Kirche Körrenzig

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