Opfern und Tätern beistehen

Beim „Tag der Notfallseelsorge“ ging es um verschiedene Aspekte im Umgang mit häuslicher Gewalt

Die Notfallseelsorge ist ein ehrenamtlicher Dienst, den Frauen und Männer mit unterschiedlichen Hintergründen ausüben. (c) Garnet Manecke
Die Notfallseelsorge ist ein ehrenamtlicher Dienst, den Frauen und Männer mit unterschiedlichen Hintergründen ausüben.
Datum:
2. Nov. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 40/2021 | Garnet Manecke

Im Lockdown war es draußen still, aber hinter verschlossenen Türen herrschte in vielen Wohnungen Gewalt. Was zu tun ist, wenn man auf häusliche Gewalt stößt, lernten Notfallseelsorger aus ganz Deutschland beim „Tag der Notfallseelsorge“ in der Bischöflichen Marienschule in Mönchengladbach.

Wenn Notfallseelsorger gerufen werden, ist es zu spät für Prävention. Die Fälle des fünfjährigen zu Tode misshandelten Fabio und eines fünf Wochen alten schwer misshandelten Babys im vergangenen Jahr in Mönchengladbach sind Beispiele dafür. Aber oft genug geht es vordergründig gar nicht um häusliche Gewalt – sie wird durch andere Anzeichen wahrnehmbar. Zum Beispiel wenn beim Trauergespräch mit Hinterbliebenen eine Bemerkung über den Toten fällt. Ob direkt oder indirekt mit dem Thema konfrontiert: Für die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger stellt sich stets die Frage, wie sie damit umgehen.

Ursachen und psychologische Folgen, die richtige Kommunikation mit von Gewalt betroffenen Frauen, wie man mit Tätern umgeht, welche Hinweise es gibt und wie der Blick auf einen Strafprozess aus Opfersicht ist: In mehreren Vorträgen wurden diese Aspekte des Themas beleuchtet. „Die drei Kindstötungen im vergangenen Jahr waren für uns eine Herausforderung“, sagt Bernhard Krinke-Heidenfels von der katholischen Notfall-
seelsorge Mönchengladbach. „Es ist auch für die Einsatzkräfte der Notfallseelsorge sehr belastend, wenn Täter und Opfer in einem Raum sind.“

Wichtig sei, unvoreingenommen in die Situation zu gehen, sagt Krinke-Heidenfels. „Kategorien Täter und Opfer sind für uns nicht maßgebend“, sagt Lars Tutt, evangelischer Notfallseelsorger im Kreis Viersen. „Trotzdem ist es gut zu wissen, wer was ist. Das hilft, die Situation einordnen und hilfreich agieren zu können. Unsere Aufgabe ist es, die Beteiligten handlungsfähig zu machen, so dass sie sich mit dem Geschehen auseinandersetzen können.“ Dazu gehört auch ein Netzwerk mit Beratungsstellen, die weitergehende Hilfe anbieten. Deshalb waren zu dem Tag auch Vertreterinnen von Frauenhaus und Frauenberatungsstelle eingeladen. Organisiert wurde der Tag von der Ökumenischen Notfallseelsorge-Konferenz im Bistum Aachen und den evangelischen Kirchenkreisen.