Noch ein langer und beschwerlicher Weg

Tom Koenigs, Kolumbienbeauftragter des Außenministeriums, referierte zum Friedensprozess in Kolumbien

Kolumbien Koenigs Nachricht (c) Andrea Thomas
Kolumbien Koenigs Nachricht
Datum:
24. Okt. 2017
Von:
Andrea Thomas
„Goldgräberstimmung im Postkonflikt“: Unter diesen bezeichnenden Titel hatten der Diözesanrat der Katholiken, Amnesty international und „Logoi“, Institut für Philosophie und Diskurs, einen gemeinsamen Abend zur wirtschaftlichen und politischen Situation in Kolumbien gestellt.
Kolumbien Koenigs (c) Andrea Thomas
Kolumbien Koenigs

Als Fachreferent dazu hatten die Veranstalter Tom Koenigs gewonnen, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und zuletzt Beauftragter des Außenministeriums für den Friedensprozess im Partnerland des Bistums Aachen. Moderiert wurde der Abend von Susanne Friess, Beraterin zum Thema Bergbau in Lateinamerika für Misereor. Dem damaligen Außenminister und heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier sei es wichtig gewesen, die Entwicklung in Kolumbien von deutscher Seite zu begleiten, um zu zeigen, „ dass so Frieden gemacht werden kann, durch Gespräche“, erklärte Tom Koenigs. Ein Schwerpunkt dabei sei der Umgang mit Tätern und Opfern des Konfliktes. Hier könne Deutschland eigene Erfahrungen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der DDR beisteuern, aber auch selbst noch von den Erfahrungen Kolumbiens lernen. Dass Deutschland sich hier einbringe, sei richtig und wichtig, da auch wir, als eines der Länder, die von den Rohstoffen Kolumbiens profitierten, an den Schwierigkeiten des lateinamerikanischen Landes beteiligt seien.

Der illegale Abbau von Gold und Kohle zerstöre die Umwelt, verschmutze das Grundwasser, fresse sich durch die Dörfer und zerstöre dort das soziale Netz. Ein weiterer Wirtschaftsfaktor ist der Koka-Anbau, von dem die Rebellen der FARC profitiert hätten, der aber auch Teilen der Bevölkerung zu einem besseren Lebensstandard verholfen habe, weshalb er schwer einzudämmen sei.

 

Integration der Täter, aber mit Rücksicht auf die Opfer 

„Mit dem Friedensvertrag haben sich außerdem die Machtverhältnisse im Land nicht verändert“, erläuterte Koenigs die Situation. Um sich zu entwickeln, brauche das Land Landwirtschaftsprojekte, die eine Alternative zur verheerenden Rohstoffwirtschaft böten, und eine Förderung der Bevölkerung. Sonst drohe da, wo früher die Guerillas das Sagen hatten, ein Machtvakuum und die Gefahr, dass internationale Konzerne das Land aufkauften. Dazu müsse der bislang schwache Staat mit eigenen Strukturen präsenter werden, wie Gesundheitsversorgung und Schulen. „Die größte Ressource des Landes ist seine rührige Jugend. In ihr liegt die Chance für die Zukunft.“ Sie müsse über Erziehung und Bildung unterstützt werden.

In Deutschland engagierten sich zahlreiche Nicht-Regierungs-Organisationen für Kolumbien und den Friedensprozess und auch vor Ort gebe es zivilgesellschaftliches Engagement, unter anderem vonseiten der Kirche. Das gelte es auch von deutscher Regierungsseite weiter zu stärken. „Einer der Gründe, warum wir viel mit den Kirchen machen, ist, dass sie resilienter gegen viele Widerstände sind“, erklärte Koenigs. Nicht nur die wirtschaftliche Situation biete nach wie vor Anlass zur Besorgnis, auch die Sicherheit in weiten Teilen des lateinamerikanischen Landes. Die Zahl der Gewalttaten an denen, die sich für die Menschenrechte einsetzten, sei weiter gestiegen, stellte Susanne Friess fest.

Wie er die Situation einschätze? Beim Schutz für diese Menschen sei die Regierung, trotz guten Willens, bislang nicht wirklich erfolgreich, räumte Tom Koenigs ein. Gleiches gelte leider auch für die Kirche. Das in den Griff zu bekommen, sei noch ein langer Weg. Tom Koenigs setzt seine Hoffnung für eine langfristige Befriedung und Versöhnung des Landes auch auf die Übergangsjustiz, die es den Tätern ermöglichen soll, sich in die Gesellschaft zu integrieren, ohne den Schmerz der Opfer und ihren Wunsch nach der Wahrheit zu vernachlässigen. Damit das gelinge, könne auch Deutschland Wertvolles aus seinen Erfahrungen nach dem Zweiten Weltkrieg beitragen. Hier habe keiner wirklich Verantwortung für das geschehene Unrecht und die Gräuel der Nazis übernommen. „Wenn Kolumbien da weiterkommt, dann wäre auch international etwas erreicht.“