Geheult wird hinterm Vorhang

Projekt-Zirkus Zapp Zarap bildet in der Marienschule in Krefeld Kinder und Jugendliche in vielfältiger Weise

Unterrichtsfächer für eine Woche: Akrobatik, Körperbeherrschung, Präsentation (c) Bettina Kürschner
Unterrichtsfächer für eine Woche: Akrobatik, Körperbeherrschung, Präsentation
Datum:
28. Jan. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 05/2020 | Kirsten Joswowitz

„Kannst du nicht, war gestern“ ist das Motto des Zirkus Zapp Zarap, der vier Tage lang in Krefelds katholischem Gymnasium an der Hubertusstraße gastierte. Nein, nicht gastierte, sondern gastieren ließ. Denn die Grundidee des Zirkus und der Schule ist natürlich – auch – pädagogischer Art. Es geht um Bewegung und Persönlichkeitsbildung. Alle vier sechsten Klassen durften an dem Projekt teilnehmen sowie die Mitglieder der schuleigenen Zirkus-AG.

Die Zirkusleute, das sind Marta, Lotta und Hans – alles Menschen mit Zirkuserfahrung und zirkuspädagogischer Ausbildung. Europaweit sind sie mit dem Zirkus unterwegs. Hans, eigentlich Hans-Peter Lutz, ist Teamleiter und war Akrobat: Seiltänzer, Clown, Artist und Trapezkünstler. „Wir wollen einfach mal Grenzen sprengen“, sagt er, „die Grenzen, die die Schule sonst hat.“ Die Schüler der Marienschule seien fantastisch geschmeidig. Marta ergänzt: „Man merkt, dass es eine Zirkus-AG gibt.“ Geleitet wird sie von Isabel Leiner, die selbst schon im Zirkus Krone aufgetreten ist und die Idee hatte, Zapp Zarap einzuladen. Die Lehrerin für Spanisch und Französisch weiß um die wesensstärkende Wirkung der Manege auf die Persönlichkeit eines Kindes. Neben den artistischen Fähigkeiten  lernen die Schüler ein sicheres und selbstbewusstes Auftreten vor Publikum.  

 

Lernen, was wichtig ist

Hans war bei den Proben mit Kritik nicht zimperlich. „He, was hab ich dir gesagt“, hörte man ihn da bei einer der täglichen „Manegenkostproben“. Er stellt sich in die Manege und imitiert die unruhigen Bewegungen der moderierenden Schülerin.

Lacher gelten dem ehemaligen Clown. „Bleib stehen! Mach’s nochmal … Und nochmal… Na, geht doch.“ Das beobachten auch Kinder wie Emma: „Die Kritik ist sehr direkt, aber man bekommt auch gesagt, dass man es nicht persönlich nehmen soll. Die sind voll nett. Man muss immer lächeln, auch wenn etwas schief geht.“ Und sie hat das Wort behalten: „Geheult wird hinterm Vorhang.“ 

Und da sind sie wieder, die Fähigkeiten, die der Zirkus vermittelt: Kritik annehmen von Fremden, einen Auftritt  organisieren, sich in neuen Zusammenhängen erleben, sich motivieren über eine Woche und Verantwortung übernehmen, nicht nur für die Zirkusnummer selbst, sondern auch die kleinen organisatorischen Dinge drumherum.

Deswegen hat Schulleiter Ralf Juntermanns das Projekt auch begrüßt: „Die Schüler werden hier in anderen Begabungen als sonst gefördert, zum Beispiel in Körperbeherrschung. Das sind Kompetenzen, die in anderen Fächern nicht so zum Tragen kommen. Ich glaube, dass man, wenn man einmal ein Zirkusstück vorgeführt hat, viel an Mut und Präsentationsfähigkeit gewinnt.“ Auch André Hoffmann, Klassenlehrer einer 6. Klasse, hat festgestellt, wie konzentriert die Kinder bei der Sache sind: „Das gibt guten Zusammenhalt in der Klasse: die kleinen Absprachen, wann was weggeräumt wird, wo die Sachen hinterm Vorhang sind. Am Anfang ist es Spielerei, aber dann gibt es einen Punkt, da wird’s ernst. Sie geben alles. Es macht einen unglaublich stolz, die Kinder zu sehen.“ Dabei passt das Projekt hervorragend ins Konzept der Marienschule, die sich etwa in Bereichen wie „individuelle Förderung“, aber auch „Schule und Leistungssport“ hervorgetan hat. Zwei Kollegen der Marienschule bilden sich zurzeit zum Thema „Bewegung als Medium kognitiver Förderung“ in Zusammenarbeit mit der Uni Münster fort. Dabei geht es um die Frage, wie Bewegung systematisch und lernunterstützend genutzt werden kann, und zwar über den Sportunterricht hinaus, damit beweglich sein auch heißt, flexibel zu sein im Kopf.

Schlussakkord: Beethovens Fünfte in Rockversion. Ein Mädchen nach dem anderen betritt durch schwarze Vorhänge die Manege, klettert mit wenigen Handgriffen aufs Trapez, hängt sich ein, liegt waagerecht darauf, klettert hoch, strahlender Stolz unter den staunenden Blicken der Eltern. Gigantischer Applaus. „Ihr habt Grenzen gesprengt, im positiven Sinne“, bedankt sich Isabel Leiner beim Finale.