Ein gut gehütetes Kleinod

Der Nordturm der Kirche St. Josef in Krefeld beherbergt eine wertvolle antiquarische Bibliothek

Kirchenvorstand Jürgen Schram in der Hasenaeckerschen Bibliothek in St. Josef. Das Wandbild zeigt Mariä Verkündigung. (c) Dirk Jochmann
Kirchenvorstand Jürgen Schram in der Hasenaeckerschen Bibliothek in St. Josef. Das Wandbild zeigt Mariä Verkündigung.
Datum:
6. Juli 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 27/2022 | Chrismie Fehrmann

Es ist ein wenig wie in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ – jedoch ohne Mordfälle und Höllenfeuer in der geheimnisvollen Bibliothek. Glücklicherweise werden die alten Werke der wesentlich kleineren Hasenaeckerschen Bibliothek gut gehütet und sind zugänglich. Sie lagern sicher in Vitrinen und Schränken auf der ersten Etage des Nordturms der Krefelder Kirche St. Josef.    

Die Bibliothek birgt Bücher aus fünf Jahrhunderten, darunter theologische Werke des 19. Jahrhunderts und antiquarische Werke. (c) Dirk Jochmann
Die Bibliothek birgt Bücher aus fünf Jahrhunderten, darunter theologische Werke des 19. Jahrhunderts und antiquarische Werke.

Die Turmbibliothek birgt Bücher aus fünf Jahrhunderten und ist ein Kleinod. Was dort oben auch noch beachtenswert ist: In diesem Raum hinter der Orgelempore befindet sich das einzig noch erhaltene Wandgemälde des Gotteshauses. Es zeigt Mariä Verkündigung.
Die Bücher gehören zu einer historischen Sammlung. „Hier befindet sich die sogenannte Hasenaeckersche Bibliothek, eine Gelehrtenbibliothek des 19. Jahrhunderts“, berichtet Kirchenvorstand Jürgen Schram in dem kleinen Raum und zeigt auf die Bestände, die er hegt und pflegt.

„Johannes Hasenaecker wurde 1844 in Essen geboren, 1870 in Rom zum Priester geweiht und dann Pfarrer von St. Josef. Er war ein ausgewiesener Kenner und Liebhaber antiquarischer Bücher. Nach seinem Tod blieb die Sammlung im Besitz der Pfarrei St. Josef und lagerte im Pfarrhaus.“

Dort überstand sie 115 Jahre und zwei Weltkriege. Wenigstens größtenteils. Denn es sei mehr als wahrscheinlich, dass zahlreiche Bücher, die ihre Liebhaber gefunden haben, aus dem Bestand verschwunden sind oder verschenkt wurden, erzählt Schram weiter. Dennoch ist ein wertvoller und bestens gehüteter Bestand zu sehen, wenn sich die verschlossenen Schranktüren öffnen.

Zu verdanken ist dies einigen Pfarreimitgliedern. Schram: „Als das Pfarrhaus an die Josefschule vermietet wurde, hatte die Sammlung plötzlich keine Heimat mehr und wäre beinahe per Internetauktion unter den Hammer gekommen.“ Auf der Suche nach einem neuen Ort wurde der Nordturm der gegenüberliegenden Kirche in Augenschein genommen. Hier wurde alsbald eine Abstellkammer entrümpelt, die Hasenaeckersche Bibliothek hatte eine neue Bleibe gefunden; hinter dicken Mauern und geschützt vor starken Temperaturschwankungen.

Die Bibliothek beherbergt 17 Bücher aus dem 17. Jahrhundert wie  diese Kirchenchronik aus dem Jahr 1625. (c) Dirk Jochmann
Die Bibliothek beherbergt 17 Bücher aus dem 17. Jahrhundert wie diese Kirchenchronik aus dem Jahr 1625.

Schram: „Der Bestand lässt sich in zwei Bereiche unterteilen. Zum einen besteht er aus vielen theologischen Werken aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Dabei dürfte es sich um den theologischen Studienapparat Hasenaeckers handeln. Zum anderen gibt es antiquarische Werke, die er in seiner Eigenschaft als Büchersammler bereits in seiner Studienzeit zusammentrug. So finden sich in Werken des 17. Jahrhunderts Besitzeinträge von Hasenaecker, die bereits mit dem Jahr 1870 datiert sind.“ Diese Werke umfassen die Themenbereiche Bibel, Exegese, Liturgie, Patristik und Kirchengeschichte.

„Wir besitzen 17 Bücher aus dem 17. und 66 aus dem 18. Jahrhundert.“ Ein Autor ist beispielsweise Prosper Tiro von Aquitanien. Er lebte im fünften Jahrhundert und schrieb die „opera omnia“. Hiervon gibt es einen wertvollen Druck. Von Flavius Josephus, er schrieb die „opera quae extans“, ist es ebenso. Auch der Philosoph Aristoteles ist im Kirchenschatz vertreten.

Von Johannes Maldonatus ist das älteste Buch im Nordturm: „Commentarii in Quatuor Evangelias“ von 1596. Der Jesuit sei einer der Pioniere der Exegese, sagt Schram. Dieses Buch zeige auch, dass es meist Bibelauslegungen seien, theologische Werke, die auf Geschmack und Interesse des Theologen Hasenaecker schließen ließen.

Und dann erklärt Schram noch ein Detail. Früher wurden die in Schweins-, Rind- oder Kalbsleder gebundenen Bücher mit Klemmen versehen und mit dem Rücken zuerst in den Schrank gestellt. „An den Klemmen wurden sie herausgezogen, die Klemmen wurden gelöst und das schwere Buch im wahrsten Sinne des Wortes aufgeschlagen.“
Mit den Büchern fanden sich noch Bildtafeln mit biblischen Themen wie „David in der Löwengrube“, „David und Goliat“ oder die „Teilung des Meeres“ im Pfarrhaus. Mit ihrer Hilfe fand in alter Zeit der Religionsunterricht statt. „Die Vorläufer der Power-Point-Präsentation“, meint Schram und lächelt.

Noch einmal zurück zum Wandgemälde, das keiner dort vermutet hatte. Auf der Nordwand dieses Raumes offenbarte sich nach dessen Räumung ein monumentales Gemälde der Verkündigungsszene. Farben, Größe und Qualität dieses kleinen Teils der Originalbemalung lassen erahnen, wie eindrucksvoll der komplette Kirchenraum einst vor der Übermalung gewesen sein muss.

Interessierte, die sich in der Bibliothek gemeinsam mit Jürgen Schram einmal umsehen möchten, wenden sich an das Pfarramt St. Josef, An der Josefskirche 5, Krefeld-Stadtmitte, 
Tel. 0 21 51/77 25 59.