Zu Fuß nach Santiago de Compostela in Spanien pilgern, das ist für viele ein großes Ziel im Leben. Das war es auch für Uwe Ortmanns, Der Krefelder hat sich mit seinem Pilgerweg aus einer persönlichen Krise gekämpft und sich auch ein Stück mehr Selbstständigkeit erarbeitet.
Die Krise kam während Corona. Mitten im Lockdwon musste Uwe Ortmanns umziehen. Die neue Umgebung war nicht gut für ihn. Dann brach ihm auch noch sein Hobby weg. Ortmanns ist passionierter Marathonläufer. Doch die Wettkämpfe, die ihn schon nach Istanbul, New York oder Venlo geführt hatten, fielen flach. „Das hat mir schon zu schaffen gemacht,“ erzählt der 49-Jährige.
Doch er ließ sich nicht unterkriegen, suchte sich psychologische Hilfe und fasste, nachdem er eine Dokumentation über den Jakobsweg gesehen hatte, einen Entschluss: „Das will ich auch machen.“ Das war nicht ganz leicht. Ortmanns kann aufgrund einer leichten geistigen Behinderung weder lesen noch schreiben. „Aufwachsen war nicht einfach“, sagt er im Rückblick. Und es war ein langer Weg, mich so zu akzeptieren, wie ich bin.“ Doch er hat es geschafft. Unterstützung hat er dabei von der Dr.-Ulrich-Lange-Stiftung erfahren. Die Einrichtung bietet unter andrem betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung an.
Außerdem ist die Stiftung Mitgesellschafter des Heilpädagogischen Zentrums Krefeld. Für das HPZ hat Uwe Ortmanns erst als Landschaftsgärtner gearbeitet, nach einem Bandscheibenvorfall arbeitet er in einem Bistro, das vom HPZ betrieben wird.
Unterstützt hat ihn auch sein Betreuer Jochen Kamps. Er hat mit Uwe Ortmanns auch die Pilgerreise geplant und ihn auf dem Weg begleitet. „Wir haben zusammen überlegt, wie wir die Reise finanzieren, welchen Weg wir nehmen, welche Ausrüstung wir brauchen.“ Entschieden haben sich die beiden für den portugiesischen Weg. Anfang Oktober ging es los. „Rund 300 Kilometer sind wir in zwei Wochen gegangen,“ erzählt Ortmanns. Ein bisschen Pech hatten die beiden mit dem Wetter.
Doch trotzdem sind die beiden beeindruckt von dem, was sie unterwegs erlebt haben. „Wir sind über Wege gegangen, die schon die Römer angelegt haben,“ erzählt Uwe Ortmanns. Ihn hat beeindruckt, dort entlangzugehen, „wo bereits Pilger aus früheren Zeiten hergegangen sind. Ein bisschen habe ich mich in diese Zeit zurückversetzt gefühlt.“ Beeindruckt haben ihn auch die Kontakte, die er auf dem Weg geschlossen hat. Besonders ist ihm die Begegnung mit einem Inder in Erinnerung geblieben. „Wir haben uns verlaufen. Er hat uns mit zu unserer Herberge mitgenommen und uns mit Wasser versorgt“, erzählt Ortmanns.
Einen Teil seiner Reise hat Uwe Ortmanns mit dem Erlös aus drei Trödelmärkten finanziert. Ortmanns ist leidenschaftlicher Sammler: „Kirchenfiguren Möbel, Kaffeemaschinen, Küchenutensilien,“ zählt er auf. Das Geld reichte für den Flug und für den Wanderrucksack.
Durch die Reise sei er ruhiger geworden, nachdenklicher, sagt Uwe Ortmanns. „Ich habe mich früher oft wegen Kleinigkeiten aufgeregt. Heute versuche ich schöne Dinge zu machen.“ Die Pilgerreise war mitunter auch schwierig, räumt er ein, denn die beiden Männer mussten unterwegs auch miteinander klar kommen. „Doch es hat großen Spaß gemacht. Es ist ein Stück Lebenserfahrung“, sagt Uwe Ortmanns.
Bevor die beiden nach Porto aufgebrochen sind, hat sich Uwe Ortmanns den Pilgersegen in der Kirche St. Dioysius geben lassen. „Der Glaube hat mich seit meiner Kindheit geprägt“, sagt er. Als Kind hat er einen schweren Autounfall überlebt. „Ich habe Gott viel zu verdanken, alleine für die Schutzengel, die ich hatte.“ Jeden Freitag besucht er die heilige Messe in der Dionysiuskirche, zündet Kerzen für verstorbene Familienmitglieder an. Uwe Ortmanns ist das wichtig.
Die Pilgerreise war auch ein Schritt zu mehr Selbstständigkeit, sagen beide. „Ich wollte mich besser kennenlernen“, sagt Uwe Ortmanns. Während der 14 Tage haben die beiden ein Reisetagebuch geführt, auch, um zu dokumentieren, was die beiden geschafft haben, was Uwe Ortmanns geschafft hat. Er hat unterwegs sehr positive Erfahrungen gemacht, ist offen auf die Menschen zugegangen und hat gemerkt: sie nehmen ihn so an, wie er ist. In Santiago de Compostela hat er sich einen traditionellen Pilgermantel ausgeliehen. Auch Jochen Kamps hat das beeindruckt: „Wir sind überall auf offene Ohren gestoßen. Nirgendwo haben wir Ablehnung erfahren. Das war schon verblüffend.“
Einige Erinnerungsstücke hat Uwe Ortmanns mitgebracht. Besonders stolz ist er auf seine Pilgerausweise. Anderthalb hat er auf der Strecke mit Stempeln füllen können.
Auf seinem persönlichen Weg soll es weitergehen. Uwe Ortmanns möchte weiter an seiner Selbstständigkeit arbeiten, sucht neue Kontakte. Und er möchte wieder auf Pilgetour gehen. „Diesmal soll es nach Trier gehen.“