Ein Kleinod der Gegensätze

Die Autobahnkapelle an der Geismühle ist nach dem Umbau der A57 nicht mehr so leicht erreichbar

Die verglaste Rückwand der Kapelle lenkt den Blick der Besucher direkt in die Natur. (c) Dirk Jochmann
Die verglaste Rückwand der Kapelle lenkt den Blick der Besucher direkt in die Natur.
Datum:
7. Sep. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 36/2022 | Chrismie Fehrmann

Sie ist ein Kleinod, die Kapelle an der Autobahn A57 auf Krefelder Gebiet in Richtung Köln. Sie stellt – inmitten von Bäumen und Sträuchern gelegen – einen Rastplatz für die Seele dar. 

Derzeit ändert sich durch den Ausbau der A57 einiges. Das kleine Gotteshaus an der Geismühle wird künftig nicht mehr so leicht erreichbar sein. Auf der gegenüberliegenden östlichen Seite wird deshalb in Fahrtrichtung Kamp-Lintfort im Zuge der Rastplatz-Erweiterung ein zweites Sakralgebäude entstehen.

Die Verbundenheit der Kapelle mit der Schöpfung bildet das architektonische Programm. Die Verbindung mit der Natur, wie sie Professor Hein Stappmann einst plante und wie sie nach dessen Tod von Architekt Ludwig Thorissen vollendet wurde, ist offensichtlich.
So schweift das Auge des Betrachters schon beim Eintreten durch die gläserne Rückwand des Gotteshauses ins üppige Grün. Der Architekt wollte die Reisenden in die Weite der niederrheinischen Landschaft führen und zum Nachdenken einladen. Dazu tragen auch die Baumaterialien Holz und Stein des schlichten, nur 35 Quadratmeter großen Meditationsraumes bei. Es ist eine Kapelle der Gegensätze: Wald, Ruhe, Stille hier – Lärm, Hektik, Hast der Autobahn dort.

Im Zentrum des dreieckigen Raumes steht eine große runde Bronzescheibe mit Motiven aus dem Buch Genesis, entworfen und gefertigt von Bildhauer Theo Akkermann. Sie verdeutlicht den Beginn der Ordnung aller Dinge. Der Atem Gottes erweckt den noch unbelebten Menschen. Adam und Eva sind im Paradies, umgeben von Schafen und Blumen. Der Garten hält bereit, was der Mensch zum Leben braucht.

Die kleine denkmalgeschützte Kirche mit dem geschwungenen Eingang wird ökumenisch genutzt. Rund 10000 Reisende besuchen sie jährlich. Immer wieder schreiben Menschen ihre Bitten und ihren Dank in die ausliegende Kladde: „Lieber Gott. Ich danke Dir, dass Du mir heute mitten in meinen Sorgen den Weg in diese Kapelle gezeigt hast“, schrieb ein Mann namens Peter. „Vater, bitte bleibe bei uns“, lautet es an anderer Stelle oder auch: „Danke für den schönen Urlaub.“ Darüber hinaus gibt es Schriftsätze in fast allen europäischen Sprachen.

Die nur 35 Quadratmeter große denkmalgeschützte Kirche schmiegt sich in den sie umgebenden Wald (c) Dirk Jochmann
Die nur 35 Quadratmeter große denkmalgeschützte Kirche schmiegt sich in den sie umgebenden Wald

Eine Zeitlang war geplant worden, die Kapelle ab- und auf der anderen Autobahnseite wieder aufzubauen. Das ist vom Tisch. Auf der östlichen Seite wird ein neues Gotteshaus geplant. Wie es aussehen wird und wann Baubeginn ist, steht noch nicht fest.
Was sicher ist: „Das Ensemble von historischer Geismühle und Autobahnkapelle in direkter Nachbarschaft bleibt auch nach dem Ausbau der A57 zwischen dem Abschnitt Krefeld-Oppum und Autobahnkreuz Meerbusch für Benutzer der Rastanlage und andere Interessierte erreichbar“, erklärt Manuel Kölker von der Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Rheinland.

Auch wenn die geplante Lärmschutzwand den heute genutzten direkten Zugang verhindere, so bleibe der Zugang vom Parkplatz über einen vor der Rastanlage gelegenen Weg erhalten, berichtet er weiter. Die Erlebbarkeit des Freiraumes sei gewährleistet. „Mit dem Lärmschutz-Bau erfährt auch dieser Bereich einen besseren Lärmschutz“, meint Kölker.