Dombau-Mikado

Kinder haben Kunstobjekte rund um ein Modell des Dom-Oktogons erdacht und erbaut

Auf dem Hof der Domsingschule entstand ein Holzmodell des Dom-Oktogons. (c) Andrea Thomas
Auf dem Hof der Domsingschule entstand ein Holzmodell des Dom-Oktogons.
Datum:
14. Aug. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 33/2018 | Andrea Thomas
Dom und Rathaus konnten glatt ein wenig neidisch werden. In den letzten drei Wochen waren nicht sie das liebste Fotomotiv auf dem Katschhof, sondern Holzkonstruktionen, die wie riesige Mikadostäbe wirkten.
Mit Schrauben und Akkuschrauber werden aus Dachlatten räumliche Kunstobjekte. (c) Andrea Thomas
Mit Schrauben und Akkuschrauber werden aus Dachlatten räumliche Kunstobjekte.

Sie sind um ein Holzmodell des Oktogons herum im Rahmen der Werkstatt der Bleiberger Fabrik am archimedischen Sandkasten entstanden. Das Kreativangebot für Ferienspielkinder ab zehn Jahren war 2018 – im Zeichen von 40 Jahren Weltkulturerbe Aachener Dom – eine Dombauhütte.

Dombaumeister Helmut Maintz ist begeistert von der Kreativität der jungen Baukünstler und davon, was da im Schatten des Doms entsteht. Die Anordnung rund um das Modell von Oktogon und Sechzehneck sei genauso wie die der Kapellen rund um das echte Dom-Oktogon. „Die sind alle ganz unterschiedlich, entstanden im Stil der jeweiligen Zeit, in der sie gebaut worden sind.“ So auch die Kunstwerke der Kinder, die alle für sich unterschiedlich seien und doch ein Ganzes ergäben. „Wenn man gut guckt, sieht man darin die Nikolauskapelle oder die Karlskapelle“, erläutert Helmut Maintz.

Ihm gefällt das Projekt an sich, die Möglichkeit für die jungen Teilnehmer, ihre eigenen Ideen zu entwickeln und sie unter fachmännischer Anleitung umzusetzen, aber natürlich ganz speziell die Idee, das in diesem Jahr als „Dombauhütte“ zu tun. „Schön, dass die Kinder das machen. Irgendwer muss sich ja auch in Zukunft um Bauwerke wie unseren Dom kümmern und sie erhalten“, sagt er. Wie der Job aussieht und wie die damaligen Erbauer ein solches Bauwerk ganz ohne moderne Technik erbaut haben, hat er den wechselnden Kindergruppen in jeder der drei Ferienspielwochen in einer Führung gezeigt. Er hat ihnen zum Beispiel erklärt, wie man mit einer Kordel, in die man jeweils nach der Länge eines Fußes einen Knoten gemacht hat, Längen und rechte Winkel bestimmt hat, oder wie man die schweren Glocken in den Turm bekommen hat. Und er hat sie mit unters Dach des Doms genommen und ihnen die Konstruktion von Oktogon, Sechzehneck und Chorhalle erläutert, was die Kuppel stabil macht und warum das Dach der Chorhalle auch ohne stützende Seitenschiffe nicht einstürzen kann.

Für die Nachwuchsbaumeister ein spannender Blick hinter die Kulissen und eine gute Inspirationsquelle. Vergleicht man ihre Konstruktionen mit dem Dachstuhl des Doms, ergeben sich sichtbare Parallelen. „Gerade in der ersten Woche hat die Führung die Ideen der Gruppen, was sie bauen wollen, beeinflusst. Ab der zweiten Woche ging es dann auch darum, wie sich das schon Vorhandene mit eigenen Ideen fortführen lässt“, erläutert Christian Kayser von der Bleiberger Fabrik, in diesem Jahr künstlerischer Leiter der Werkstatt. Die habe durch das Thema „Domwerkstatt“ noch mal eine neue Qualität bekommen. „Das Holzmodell des Oktogons dient als Anker, von dem alles, was gebaut wird, abgeht. Inspiriert von den Kapellen können unsere Kunstwerke diesmal begangen werden.“

Latten ermöglichen große Objekte

Gesponsored und gebaut haben das Oktogonmodell Mitglieder des „Round Table 58“ Aachen, seit vergangenem Jahr Kooperationspartner der Bleiberger Fabrik. Roundtabler Frank Medefindt sieht in der Werkstatt die besondere Chance für die Teilnehmer, sich mit dem Dom als Weltkulturerbe, seiner Bedeutung und seiner Sicherung zu beschäftigen. Das sei viel nachhaltiger, wenn sie selbst ihre Ideen dazu umsetzen dürften: „Inspiriert aus der Vergangenheit, Zukunft gestalten.“

Nach den Ferien wird das Oktogon auf den Schulhof des Kaiser-Karls-Gymnasiums umziehen, wo es Teil der Projektwoche sein wird, erläutert Sybille Keupen, Leiterin der Bleiberger Fabrik. Außerdem wird es in der Festwoche zum Weltkulturerbe eine Ausstellung über das Projekt, den Dom und die Stadt aus Jugendperspektive geben. Mit der diesjährigen Werkstatt ist sie sehr zufrieden. Die Dachlatten als Baumaterial hätten sich bewährt. Sie ermöglichten ihnen viele Freiheiten. „Aufgrund ihre Länge von drei Metern, die möglichst nicht gekürzt werden soll, entsteht schnell Größe und damit eine Dynamik im Bauen.“

Für Sybille Keupen ist es immer auch ein tolles Erlebnis, mit dieser Kinderkunstaktion auf einem so zentralen und bedeutenden Platz in Aachen arbeiten zu dürfen. „Kunst mitten in der Stadt, die Relevanz hat, das müsste es noch öfter geben.“ Immer wieder kommt es zu interessanten Gesprächen mit vorbeikommenden Aachenern und Besuchern, die fasziniert ihre Handys zücken und fragen, was da entsteht. „Etwa zwei Drittel erkennen auch die Struktur und den Bezug zum Dom“, schildert Sybille Keupen.

Täglich haben bis zu 30 Kinder und Jugendliche hier gewerkelt, ein Teil zur Werkstatt angemeldete Kinder der jeweiligen Woche, dazu Kinder aus den Werkwochen der Bleiberger Fabrik sowie Kinder und Jugendliche, die nur einen Tag spontan dabei waren. Der elfjährige Jonas ist bereits ein „alter Hase“. Er macht zum dritten Mal bei der Werkstatt am archimedischen Sandkasten mit und findet es klasse. „Es gibt keine Regeln, und wir bauen auch nicht genau nach Modell“, erläutert er. Viel ergibt sich einfach beim Tun. Das gefällt auch Peter (11), der zum ersten Mal dabei ist, besonders gut. Bei mancher Konstruktion könnten sie gar nicht genau sagen, was das sein soll: „Das ist halt Fantasie.“

Besserer Blick mit etwas Abstand

Spannend fand er auch die Führung durch den Dachstuhl des Doms: „Im Oktogon sieht man von innen nur Balken und Durcheinander, aber es gibt ein System.“ Jonas hat der Rundgang außen um das Dach der Chorhalle am besten gefallen, wegen „der Aussicht“. Unter anderem auf ihre Bauwerke, was Edda (10) gut fand. „Von oben hat man eine andere Sicht und sieht, wo man noch etwas verbessern kann“, erklärt sie. „Die Leiter sagen auch, mit fünf Meter Abstand sehen wir besser, was wir machen“, bestätigt Simon (11). An der Führung hat ihm gefallen, „dass wir da waren, wo man sonst nicht so hinkommt“. Überhaupt bekämen sie in der Werkstatt viel geboten. Dass die Erwachsenen ihnen vertrauen und etwas zutrauen, finden beide gut. „Wenn es ein Problem gibt, helfen sie uns, aber sonst dürfen wir alleine arbeiten.“ Die Ergebnisse zeigen, dass sich das lohnt.

 

 

Ein Kinder-Kunstprojekt zum Welterbejubiläum

So gingen die Kinder ans Werk:

4 Bilder