Der Tod und die Hoffnung

Auf Einladung des Katechetischen Instituts Aachen erläutert Eugen Drewermann seine Gedanken

Eugen Drewermann (M.) stellt im Theatersaal des Kaiser-Karl-Gymnasiums, flankiert von Heribert Körlings (l.) und Christian Kraus seine Ansichten dar. (c) Benedikt Grzeschik
Eugen Drewermann (M.) stellt im Theatersaal des Kaiser-Karl-Gymnasiums, flankiert von Heribert Körlings (l.) und Christian Kraus seine Ansichten dar.
Datum:
22. März 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 12/2023 | Arne Schenk

Gibt es ein Leben nach Corona? Alexander Schüller genoss es, dass das Katechetische Institut des Bistums Aachen zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder so gut gefüllt war. Der Grund: ein Vortrag von Eugen Drewermann zum Thema „Christliche Hoffnung – was kommt auf uns zu?“

ie Arbeit des Katechetischen Instituts stellte  Dr. Alexander Schüller zu Beginn des Vortrags vor. (c) Arne Schenk
ie Arbeit des Katechetischen Instituts stellte Dr. Alexander Schüller zu Beginn des Vortrags vor.

„Alles, was wir aus christlicher Überzeugung anbieten und tun, kommt jungen Menschen zugute – und jung gebliebenen Menschen“, unterstrich Schüller als Leiter des Katechetischen Instituts. Seit mehr als 50 Jahren habe sich das Institut dem Dienst an jungen Menschen verschrieben, ob zur Fort-, Aus- oder Weiterbildung von Religionslehrkräften oder über Medien wie Bücher und CDs sowie mit Beratung und Begleitung durch die Medienstelle, die Diözesanbibliothek und als Fachstelle für Büchereiarbeit.

Erreichen möchte das Institut insbesondere Menschen, die „in Schulen und Gemeinden über den beschränkten Gesichtskreis ihrer Welt und Zeit hinauszublicken suchen und dabei die christliche Botschaft von Glaube, Hoffnung und Liebe als lebensbedeutsam für sich selbst entdecken“. Darauf begründete sich auch die Einladung an den Theologen Eugen Drewermann, der sich über Jahrzehnte hinweg mit unzähligen Beiträgen in einem breiten Spektrum zwischen Tiefenpsychologie und Exegese, zwischen 
Märchenanalyse und Kapitalismus, Naturwissenschaft und Tierethik bewegt und damit das universitäre Fachpublikum wie auch die breite Öffentlichkeit erreicht.

Zunächst war er am Vormittag mit Schülerinnen und Schülern des Aachener Kaiser-Karls-Gymnasiums über religiös relevante Fragen ins Gespräch gekommen. Organisiert hatten dieses Zusammentreffen vonseiten des Gymnasiums die Lehrer der Oberstufenkurse Andreas Ritzefeld, Katinka Baerens und Christian Kraus sowie deren ehemaliger Kollege Heribert Körlings, der nicht nur seine Fächer Deutsch und Katholische Religion als Referenzquelle angeben konnte, sondern auch als Drewermann-Spezialist gilt, der als Mitherausgeber am Eugen-Drewermann-Lesebuch beteiligt ist.

Auf die Diskussion durch Fragenkomplexe in der Oberstufe gut vorbereitet

Dazu hatten sich rund 80 Schülerinnen und Schüler aus Religionskursen der gymnasialen Oberstufe (EF und Q1) im Theatersaal des Gymnasiums versammelt. Vorbereitet waren sie hierzu in ihren Kursen anhand einer Reihe von Fragen zu neun Fragenkomplexen wie „Leben ohne Gott“, „Religion als Motor des Suchens“ oder „Heilungsauftrag der Kirche“. Moderiert wurde der Austausch souverän von Oberstufenlehrer Christian Kraus.

„Denken Sie nicht, dass man auch ohne Gott im Leben zum Ziel finden kann?“, lautete eine Schülerfrage. Daraufhin problematisierte Drewermann das Wort „Gott“. Wer Gott sei, sei in seinen Augen eine entscheidende Lebensfrage. Für ihn sei Gott das Gegenüber absoluter Zuwendung und Liebe. Umgekehrt ermutigte er die Schülerinnen und Schüler, kursierende Gottesbilder radikal zu hinterfragen. Als Richtschnur für das eigene Suchen und Fragen gab er ihnen auf den Weg: „Du sollst nichts Gott nennen, das diesen Namen nicht verdient.“
Glaube richte sich nicht primär auf formelhafte, dogmatische Sätze, die zu Prüfungszwecken gelernt und abgespult werden müssen, sondern sei als Vertrauen zum Mitmenschen und zu Gott zu verstehen. Auch auf Jesus Christus bezogen, gehe es nicht um kirchlich approbierte dogmatische Formeln, sondern darum, herauszufinden und zu umschreiben, was Jesus existenziell, also für das jeweils persönliche Leben bedeute.

Während der Diskussionsrunde beantwortete Eugen Drewermann im Katechetischen Institut Fragen aus dem Publikum. (c) Arne Schenk
Während der Diskussionsrunde beantwortete Eugen Drewermann im Katechetischen Institut Fragen aus dem Publikum.

Der überwiegende Teil des nachmittäglichen Auditoriums gehörte zur altersmäßig fortgeschrittenen Generation. Platz war im Raum 1 des Instituts kaum noch zu finden. Stattdessen wurden zusätzliche Stühle hineingetragen, damit alle rund 120 Menschen Platz finden konnten. „Gibt es Hoffnung angesichts der Gewissheit des Todes?“, stellte Drewermann als Frage in den Raum. Darauf fänden Mint-Fächer wie Biologie oder Physik keine Antwort, weil sie den Menschen auf ein rein stoffliches Gebilde reduzierten, konstatierte er. Der Natur sei der Mensch gleichgültig. „Menschen in unserem Sinne beginnen zu existieren, wenn ihnen die Frage des Todes zu einem mentalen Problem wird.“

Der Mensch suche nach dem Bleiben einer individuellen Identität. Dies ließe sich nur festmachen, indem ein Weltbild erfunden werde, das genau diese Zusicherung garantiere.
„Es geht um ein Einziges“, betonte Drewermann. „Zu sagen: Das bin ich. Das ist meine Wahrheit. Und für die stehe ich jetzt ein, egal was ihr mit mir macht.“ So etwas ließe sich nur sagen, wenn die Wahrheit für etwas Absolutes gelte und nicht mehr abhängig von einer äußeren Bewertung der Mitwelt oder der Nachwelt sei. Als Beispiele führte er Sokrates und Carl von Ossietzky an, die auch angesichts des Todes standhaft blieben und ihre Überzeugungen nicht verrieten.

„Lieber Vater, in deine Hände gebe ich mich selber ganz.“ Dies könne Jesus am Kreuz nur äußern im Glauben einer Auferstehung, und dass das wahre Gericht einzig bei Gott steht.

Auf den Einwand eines Teilnehmers, dass Jesus aber auch gesagt habe: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, erwiderte Drewermann, dass dies der Anfang des 22. Psalms sei und somit vergleichbar, als wenn das Vaterunser gebetet werde. Ein Gebet in Hoffnung.
Ein Lieblingssatz Drewermanns stammt von Anchesenpaaton, Gemahlin des Tutanchamun, an ihren verstorbenen Ehemann. Dieser passe für ihn sehr gut auf die Situation angesichts des Todes: „Vergiss, dass die Zeit Zeit ist, denn nach der Zeit sehen wir uns wieder.“ Im Hinblick auf Karfreitag und Ostern verabschiedete er sich mit den Worten „So wie Jesus sagt: ‚Wer wirklich glaubt, kann nicht sterben.‘“