Den Rätseln auf der Spur

Corona macht’s nötig: Schützenjugend im Bistum startete digitale Schnitzeljagd – statt Sommerlager

Als Schmuggler sich verkleiden und über die Grenze fliehen, die Polizei dicht auf den Fersen. (c) Foto: privat
Als Schmuggler sich verkleiden und über die Grenze fliehen, die Polizei dicht auf den Fersen.
Datum:
21. Juli 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 30/2020 | Garnet Manecke

Ein runder Geburtstag ist immer etwas Besonderes. Das gilt auch für den 30. Jahrestag des Bestehens der Sommerverbandswoche bei der Schützenjugend. Beim großen Zeltlager wollte der Diözesanverband Aachen des Bundes der St.-Sebastianus-Schützenjugend (BDSJ) das Ereignis feiern. Aber es kam anders: Das Zeltlager musste ausfallen, gefeiert wurde trotzdem.

Basteln gehörte auch zu den Aufgaben: Papierschiffe und Rosenkränze zum Beispiel. (c) Foto: BDSJ Aachen
Basteln gehörte auch zu den Aufgaben: Papierschiffe und Rosenkränze zum Beispiel.

Den Zaun haben sie gerade erreicht, aber die Polizei ist auch auf Zack. Der Hund hat die Fährte aufgenommen und ist einem der zwei Schmuggler auf den Fersen. Seinen Komplizen hat die Polizei schon am Schlafittchen. Dabei hatten sie sich so gut getarnt: Mit Perücke, Hut, Sonnenbrille waren sie nicht zu erkennen, in den übergroßen Jacken war viel Platz für die Ware. Aber die Jungs nehmen den Zugriff der Polizei gelassen, das zeigt das Beweisfoto. Ihre Chance wird sicher nochmal kommen. Das Foto haben sie jedenfalls schon mal an den BDSJ geschickt: Die Aufgabe, sich als Schmuggler zu verkleiden und ein Foto zu machen, ist gelöst.

Eine bunte und lebendige Gesellschaft sollte es werden. 60 bis 120 Mädchen und Jungen im Alter von acht bis 20 Jahren kommen jedes Jahr mit ins große Ferienzeltlager. Ein großes Ereignis, auf das sich die Kinder und Jugendlichen wochenlang freuen: ohne elterliche Aufsicht das Gefühl von Abenteuer und Freiheit spüren. In Zelten übernachten, morgens unter freiem Himmel frühstücken, danach Ausflüge machen und abends am großen Lagerfeuer sitzen, miteinander reden und singen. So sollte es auch in diesem Jahr sein – nur noch etwas aufregender. In diesem Jahr hätte das Zeltlager zum 30. Mal stattgefunden. Die Zelte sollten auf dem Jugendzeltplatz direkt an der Grenze zu Belgien aufgeschlagen werden. Das Lager wäre damit grenzüberschreitend gewesen. Aber auch der Schützenjugend machte das Corona-Virus einen kräftigen Strich durch die Festrechnung.

„Die nötigen Vorschriften einzuhalten, war einfach nicht möglich“, sagt Celine Liessem, BDSJ-Bildungsreferentin. „Wir hätten damit den Charakter des Zeltlagers nicht mehr aufrechthalten können.“ Ausgerechnet im Jubiläumsjahr wollte das Organisationsteam aber auch nicht ganz auf eine Feier verzichten. Und so beschloss es, eine digitale Schnitzeljagd auf die Beine zu stellen. „So konnten die Kinder und Jugendlichen von zu Hause aus teilnehmen“, sagt Liessem, die die ganze Aktion geleitet hat. Eine App wurde entwickelt, mit deren Hilfe die Teilnehmer eine Woche lang jeden Tag Aufgaben, Rätsel und Informationen abrufen konnten. Jede Aufgabe brachte sie einen Schritt näher zum Ziel: den verschwundenen BDSJ-Bildungsreferenten Arno Breuer wiederzufinden.

Jeden Morgen haben sich die Freunde verabredet, um ein neues Rätsel zu lösen

Dieser Detektivaufgabe haben sich auch Jana (14) und Niklas (11) gewidmet. Zusammen mit einem Freund aus der Nachbarschaft machten sie sich an die Aufgaben. Während sich Niklas jeden Morgen mit seinem Freund verabredet hat, um sich die kurzen Videos und Aufgabenstellungen anzusehen, hat sich Jana gerne später am Tag mit der Tagesaufgabe beschäftigt. Neben ihrem Schmugglerfoto bastelten sie Rosenkränze, bauten Papierschiffchen, recherchierten im Internet nach den Lösungen für verschiedene Rätsel und lernten dabei auch einiges über die Diözese und für das praktische Leben. Zum Beispiel bei der Wasserchallenge, bei der es darum ging, möglichst viel Wasser in einer Minute zu trinken. Während Jana sich für stilles Wasser entschieden hat, griff Niklas zu Sprudelwasser. Ein taktischer Fehler, wie er feststellte.

Auf der Suche nach Antworten machten die Kinder mit ihren Eltern spontane Ausflüge

Um die Fragen zum Indeland zu beantworten, haben die Kinder mit ihren Eltern spontan einen Ausflug gemacht und sich die Renaturierung und Neugestaltung des einstigen Tagebaugebietes angesehen. Den Dom in Aachen haben die Geschwister schon mehrmals besucht. Entsprechend leicht fiel ihnen die Beantwortung der Fragen rund um das imposante Bauwerk.

Ergänzt wurden die Rätsel und Spiele mit spirituellen Angeboten zur Besinnung. Jedes Kind bekam mit der Anmeldung ein Starter-Kit zugeschickt, in dem in verschiedenen Umschlägen Bastelutensilien und kleine Geschenke steckten, die zur Lösung einer Aufgabe benötigt wurden.

Zur Vorbereitung der Schnitzeljagd besuchte das Organisationsteam Dompropst Rolf-Peter Cremer und schaute sich den Aachener Dom unter dem Aspekt der Schnitzeljagd an. Dort entstand auch die Idee, dass der gesuchte Arno hier zu finden sein sollte – unter dem Karlsthron. Weil die Altersstruktur der Mitspieler sehr breit gefächert war – die Jüngsten waren vier Jahre alt, die ältesten Anfang 20 – mussten auch die Schwierigkeitsgrade der Aufgaben variieren. „Wir haben versucht, die Aufgaben so zu stellen, dass alle ihren Spaß dabei haben. Manches konnten die Jüngeren mit Hilfe ihrer Eltern lösen, anderes auch alleine machen“, erklärt Celine Liessem. Eine Wasserschlacht im Garten zum Beispiel macht den Kleinen wie den Großen Spaß.

Für das Organisationsteam ging dieser Spaß schon wesentlich früher los: Die Frauen und Männer waren einige Wochen im Bistum unterwegs, haben Videos gedreht und Fotos gemacht, Ideen entwickelt und wieder verworfen. Am Ende standen dann mehrere Stationen auf dem Weg zu Arnos Versteck. „Jede war bei einem unserer Mitglieder“, berichtet Liessem. So führte der Weg die Schnitzeljagdteilnehmer in die virtuelle Version des Aachener Doms. Dort wurden sie dann schließlich unter dem Karlsthron fündig: Zusammengekauert hockte hier BDSJ-Referent Arno Breuer. Dass man den Vermissten wieder in seinen Reihen hatte, wurde ausgiebig mit einer virtuellen Gartenparty gefeiert. Die fand im Garten eines der Organisatoren statt. Mit richtigem Lagerfeuer, wie es sich für ein Zeltlager gehört. Die Schnitzeljäger konnten sich online dazuschalten, so dass im Prinzip das ganze Bistum zu einem großen Garten wurde.

„Das hat unheimlich Spaß gemacht“, fasst Liessem die Ferienaktion zusammen. Auch über die rege Teilnahme freut sie sich. „Wir haben damit noch mal ganz andere Kinder und Jugendliche erreicht, die bisher nicht zum Zeltlager mitgekommen sind.“ Für die Organisatoren war es eine neue Erfahrung, eine Gruppe zu beschäftigen und zusammenzubringen, die sie nicht in persona vor sich haben. „Aber das zu organisieren und zu gestalten hat so viel Spaß gemacht, dass wir überlegen, ob wir für die Herbstferien nicht nochmal ein digitales Angebot machen wollen“, sagt Liessem. Dauerhaft aber könne eine digitale Schnitzeljagd das Zeltlager nicht ersetzen. „Wir möchten auf jeden Fall wieder ein Zeltlager organisieren“, sagt Liessem. „Denn das Gefühl der Gemeinschaft, das dabei entsteht, kann mit dem digitalen Angebot nicht erreicht werden. Der direkte Kontakt fehlt einfach.“

Das Festjahr zum 30-jährigen Bestehen wurde so unvergesslich, wie erhofft

Jana und Niklas fanden die Ferienwoche spannend. Jeden Tag habe es etwas Neues gegeben. Über die täglichen Informationen und kleinen Videos des Organisationsteams haben sich die beiden gefreut.  Auch wenn die Geschwister beim Abschlussgrillen nicht dabei sein konnten, fanden sie die Ferienwoche richtig gut. Mit der ungewöhnlichen Schnitzeljagd ist das Festjahr zum 30-jährigen Bestehen der Sommerverbandswoche doch noch ein ganz besonderes geworden. Wenn auch nicht ganz so traditionell, wie es ursprünglich geplant war. Aber so unvergesslich, wie es von allen Beteiligten im Stillen erhofft worden war. 

Den Rätseln auf der Spur

Di. 21. Juli 2020
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