Buntes Bild der Hoffnung

Inspiration „Hungertuch“: In St. Matthias Schwalmtal haben Gläubige ein neues Werk geschaffen

Ein neues, sehr individuelles Hungertuch in 23 Einzelbetrachtungen. (c) Monika Sartingen-Ludwigs
Ein neues, sehr individuelles Hungertuch in 23 Einzelbetrachtungen.
Datum:
17. März 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 11/2021 | Dorothée Schenk

Das Hungertuch hat eine klare Aufgabe in der Fastenzeit: Es soll zur Auseinandersetzung einladen. Es ist eine Anregung zur Beschäftigung mit dem eigenen Glauben, der Kirche vor Ort und der Weltkirche, mit dem eigenen Sein. Im Wortsinne hat Monika Sartingen-Ludwigs, Gemeindereferentin der Pfarrei St. Matthias Schwalmtal und Schulseelsorgerin in Schwalmtal und Niederkrüchten, das Thema „Auseinandersetzung“ aufgegriffen. 
„Auseinander gesetzt“ in genau 23 Einzelteile hat Monika Sartingen-Ludwigs das Werk von Lilian Moreno Sánchez, die für Misereor in diesem Jahr das Motiv des Hungertuchs gestaltet hat. 

Ein Bild entsteht: Monika Sartingen-Ludwigs fügt die Einzelteile zusammen. (c) Monika Sartingen-Ludwigs
Ein Bild entsteht: Monika Sartingen-Ludwigs fügt die Einzelteile zusammen.

Die Künstlerin hat es auf drei Leinentücher gemalt, die aus einem Krankenhaus und aus dem Kloster Beuerberg nahe München stammen. Die drei Tücher bilden ein Triptychon – drei Teile ergeben ein Ganzes, eine Dreieinheit. Motivisch zugrunde legt die Künstlerin ein Röntgenbild, das den gebrochenen Fuß eines Menschen zeigt, der 2019 in Santiago de Chile bei Demonstrationen gegen soziale Ungleichheit durch die Staatsgewalt verletzt worden ist. Für die Heilung stehen die sichtbaren Nähte, für Solidarität und Liebe die goldenen Blumen. Inhaltlich folgt das Werk als Leitmotiv dem Psalm 31,9 „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“. Das aktuelle Misereor-Hungertuch ist Inspiration auf ganz vielen Ebenen.

„Puzzlestücke“ nennt Ideengeberin Sartingen-Ludwigs die Einzelteile, in die sie das Hungertuch geteilt hat. 23, das ist die Anzahl derer in den Gemeinden, die sich der Idee der Gemeindereferentin geöffnet haben, aus dem Ursprungsbild etwas Neues entstehen zu lassen, in dem alle ein Teil beitragen, dass es am Ende wieder ein Ganzes ergeben kann. 
Die Künstlerin Moreno Sánchez hat über ihr Bild gesagt: „Die Kraft des Wandels ist die Kraft, die wir in Krisensituationen brauchen, um durchzuhalten und um etwas innerlich und grundsätzlich in uns zu ändern. Jeder Mensch kennt Krisen, wir alle stecken zur Zeit durch Corona in einer weltweiten Krise.“ Daraus entstand der Grundgedanke, möglichst viele Menschen zu beteiligen, ihre Gedanken einzubringen. Einzelpersonen meldeten sich und Familien, und sogar Schulklassen, die allerdings ihr „eigenes“ Hungertuch-Puzzle erhielten.

Die Einzelstücke wurden mit einem Meditationsheft, Gebetsblättchen und einer Erläuterung zur Bildkomposition zugestellt, außerdem ein Gesamtbild, das zeigte, wo das Stück hingehört, das der Mitgestalter per Zufall bekommen hatte. Vorgaben zur Gestaltung gab es keine. Manche Gedanken fanden ihren Ausdruck in Worten, andere gingen „durch die Hand“ und wurden zum Bild. Neben Farben und Wörtern fand sogar ein gefärbtes Stück Seil als reliefartige Gestaltung Eingang in das neue Kunstwerk. Im wahrsten Sinne hatten manche kleine Kunstwerke sogar Hand und Fuß, und griffen damit die Motivik der chilenischen Hungertuchkünstlerin auf. „Man sieht die Einzelteile und die Hoffnung als Ganzes“, freut sich Monika Sartingen-Ludwigs über die kreativen Auseinandersetzungen mit dem Hungertuch.

Und damit kommt es zur Auseinandersetzung Teil drei: Seit dem ersten Fastensonntag laden das „Ursprungs“-Hungertuch von Lilian Moreno Sánchez und das neu gestaltete Gemeinschaftswerk der Gläubigen aus St. Matthias die Betrachter in den Kirchen der Gemeinden ein, die gegenübergestellten Bilder zu betrachten und eigene Gedanken zu finden. Die „Hungertücher“ sind Impulsgeber, und gelungen ist, was Monika Sartingen-Ludwigs in ihrem Anliegen an die Mitgestalter formuliert hatte: „Unser Hungertuch wird durch die Vielfalt persönlicher Gedanken, die auf die Puzzlestücke gebracht werden, zu unserem Hungertuch, das uns in der Fastenzeit begleitet, das unsere Befürchtungen, Hoffnungen und Sehnsüchte beinhaltet.“

Noch an diesem Sonntag, 21. März, in  St. Gertrud, Dilkrath, und am Palmsonntag, 28. März, in St. Michael, Waldniel, können Interessierte die Bilder betrachten.