Bee-Bots in der Bibliothek

Mit neuem Selbstverständnis lassen Katholische Büchereien als pastorale Orte Kirche lebendig werden

Der Mensch steht ganzheitlich im Mittelpunkt der KÖB-Arbeit. Gleich, welcher Herkunft oder Religion, welchen Alters oder Geschlechtes – jeder ist willkommen. (c) www.pixabay.com
Der Mensch steht ganzheitlich im Mittelpunkt der KÖB-Arbeit. Gleich, welcher Herkunft oder Religion, welchen Alters oder Geschlechtes – jeder ist willkommen.
Datum:
26. Okt. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 43/2021 | Ruth Schlotterhose

Sie sind manches Mal das Erste, was Menschen von Kirche wahrnehmen: die Katholischen Öffentlichen Büchereien (KÖB). In einer Zeit, in der Kirche das Vertrauen vieler Menschen verloren hat, stellen KÖB eine feste Konstante dar und legen deren Mitarbeiterinnen mit ihrem persönlichen Engagement ein beeindruckendes Zeugnis ab.

Mit dem Bee-Bot sammeln Kinder erste Erfahrungen beim Programmieren. (c) www.ekz.de
Mit dem Bee-Bot sammeln Kinder erste Erfahrungen beim Programmieren.

Längst beschränkt sich die Auswahl nicht mehr nur auf das gedruckte Buch. KÖB begleiten den Medienwandel unserer Zeit und haben Filme, Musik, Spiele, Hörbücher, E-Books, Tonies, Zeitschriften und vieles mehr im Sortiment. Es gibt nicht mehr nur die Laufkundschaft, sondern die Menschen werden zum Aufenthalt in der Bücherei eingeladen. Zunächst als Orte der Bildung wahrgenommen, entpuppen sich katholische Bibliotheken darüber hinaus als pastorale Zentren. Mit ihrer niederschwelligen Kontaktmöglichkeit erfüllen sie den Anspruch des Zweiten Vatikanischen Konzils, „Kirche in der Welt von heute“ zu sein, wie kaum eine andere Institution.

Kaum zu fassen, dass die Arbeit in den KÖB überwiegend von Ehrenamtlern, und hier in der Mehrzahl Frauen, geleistet wird. Im Bistum Aachen waren das 2020 sage und schreibe 90832 Arbeitsstunden. Die Mitarbeiterinnen helfen Menschen, unsere von Wissenschaft und Technik geprägte Welt aus einer christlichen Haltung heraus zu betrachten und zu deuten. Allerdings sind KÖB so verschieden wie die jeweilige Situation vor Ort und die Zusammensetzung ihrer Büchereiteams.

Nach modernsten Erkenntnissen eingerichtet ist zum Beispiel die KÖB Anrath. 2020, im Jahr ihres 175-jährigen Bestehens, war die Bücherei gezwungen, neue Räume zu beziehen. Jetzt finden sich in einem ehemaligen Drogeriemarkt im Zentrum von Anrath helle, nicht allzu hohe Regale, zwischen denen sich einladende Sitzgruppen befinden. Hier kann man Spiele für Senioren oder Kinder ausprobieren, eine Vorlesestunde gestalten, 
Tonies (Figuren, die ein Hörspiel widergeben) lauschen oder fair gehandelte Produkte kaufen. Anderswo haben Kinder sogar die Möglichkeit, spielerisch das Programmieren von Robotern zu erlernen.

Nicht nur die Büchereiarbeit, auch die Form des ehrenamtlichen Engagements hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Gemeinsam ist allen KÖB des Bistums Aachen aber, dass sich die Fachstelle für Büchereiarbeit um sie kümmert. Deren Leitung hat seit diesem Jahr Bruder Antonius Kuckhoff OSB übernommen. Mitarbeiterinnen der Fachstelle haben beispielsweise die Anrather bei der Einrichtung ihrer neuen KÖB unterstützt. Darüber hinaus bieten sie Fortbildungen an, leisten Hilfe für die Büchereipraxis oder halten Medienkoffer zur Ausleihe bereit.

Die geistliche Begleitung der Bücherei-Mitarbeiterinnen obliegt dem Präses für Büchereiarbeit, Dompropst Rolf-Peter Cremer. So lädt er regelmäßig zwei Mal pro Jahr zu einem Treffen ein. An diesen spirituellen Tagen haben die Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, neue Kraft und Motivation zu schöpfen für ihre Verkündigungsarbeit. Langjährige Büchereimitarbeiterinnen (20 Jahre und mehr) werden zu einem Ehrenamtstag nach Aachen eingeladen.

Selbstverständlich gibt es inzwischen vielfach auch die Möglichkeit der Online-Ausleihe. Das hat sich gerade in Corona-Zeiten als äußerst nützlich erwiesen. Andererseits steigt aktuell, wo die Büchereien langsam wieder für den Publikumsverkehr öffnen, auch die Zahl der Ausleihen, wie Elke Schulte von der Fachstelle erzählt. Was den Schluss zulässt, dass die Menschen den Aufenthalt in ihrer Bibliothek zu schätzen wissen.

Das Bistum Aachen ist wie 14 weitere (Erz-)Diözesen im Norden Deutschlands Mitglied des Borromäusvereins. 1845 als „Verein vom heiligen Karl Borromäus zur Förderung des katholischen Lebens und zur Begünstigung guter Schriften und Bücher“ gegründet, entwickelt er heute zusammen mit den diözesanen Fachstellen Angebote von Leseförderung bis „50 plus“.

Wenn KÖB „als pastorale Orte der Kirche unverzichtbar“ sind, wie es im Impulspapier der Deutschen Bischofskonferenz zur Büchereiarbeit heißt, dann müssen sie auch im Rahmen des „Heute bei dir“-Prozesses gefördert werden. 

https://ki-aachen.de/buechereiarbeit

Info

Die Fachstelle für Büchereiarbeit kümmert sich um alle Katholischen Öffentlichen Büchereien des Bistums Aachen. Aus den diözesanen Fachstellenleitungen – für Aachen ist das Bruder Antonius Kuckhoff OSB – wird die Fachkonferenz gebildet, die wiederum von der Mitgliederversammlung des Borromäusvereins eingesetzt wird.